Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Einpersonenhaushalt in Bayern. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept. Regressionsmietspiegel. fehlende Aktualisierung bzw Fortschreibung des Konzepts)
Orientierungssatz
1. Zur Schlüssigkeit des vom Grundsicherungsträger auf der Grundlage eines Regressionsmietspiegels erstellten Konzepts zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB 2.
2. Allerdings muss das schlüssige Konzept des Grundsicherungsträgers, um den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 ausfüllen zu können, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts möglichst zeit- und realitätsgerecht erfassen (vgl BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 70 und vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R = BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2). Hierzu bedarf es mindestens alle zwei Jahre der Fortschreibung des Konzepts.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft der Klägerin im Zeitraum Januar 2020 bis Juni 2020.
Die 1958 geborene schwerbehinderte (Grad der Behinderung: 50) Klägerin ist zum 01.07.2016 von ihrer bisherigen Wohnung in der H. in S. nach A-Stadt in die nunmehr bewohnte Unterkunft umgezogen.
Mit Schreiben vom 12.11.2015 kündigte der Vermieter der Klägerin die gemeinsam mit ihrer Tochter bewohnte Wohnung in der H. in S. außerordentlich wegen Zahlungsverzuges. In einem Verfahren vor dem Amtsgericht S. (Az.: 1 C 1272/02) wurde der Klägerin und ihrer Tochter eine monatliche Mietminderung von 20 Prozent und ein Zurückbehaltungsrecht von 40 Prozent zuerkannt. Zwischen Juni 2012 und Dezember 2014 haben die Klägerin und ihre Tochter insgesamt 14.312,50 Euro einbehalten. Vor dem Amtsgericht S. (Az.: 5 C 955/15) wurde der Räumungsklage des Vermieters in S. mit Endurteil vom 17.12.2015 stattgegeben und die Klägerin dazu verurteilt die Wohnung zu räumen und an den Vermieter herauszugeben. Die hiergegen eingelegte Berufung (Az.: 7 S 244/16) wurde durch das Landgericht A-Stadt-Fürth mit Endurteil vom 26.04.2016 zurückgewiesen. Die Zwangsräumung der Wohnung in S. wurde für den 10.05.2016 angesetzt.
Mit Bescheid vom 13.05.2016 hat der Beklagte die Erteilung der Zusicherung zum Umzug unter Verweis auf die "Ermittlung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (Richtwerte für die Mietpreise - "schlüssiges Konzept") für Bezieher von Transferleistungen der Stadt A-Stadt ab dem 01.01.2013 für das SGB II und SGB XII" abgelehnt.
Zwischen den Beteiligten ist bereits seit dem Zuzug der Klägerin nach A-Stadt die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II streitig. Die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum Juli 2016 bis Dezember 2018 ist Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens S 8 AS 389/18, welches mit Urteil vom 06.10.2020 abgeschlossen wurde, gewesen. Im Rahmen des Verfahrens hat die Klägerin ihre Bemühungen vorgetragen eine Wohnung zu den angemessenen Richtwerten der Stadt A-Stadt zu finden. Die Wohnungsbemühungen erfolgten im Zeitraum von Januar 2012 bis Juni 2016. Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass die Klägerin ihre Suche über das Internetportal immo. vorgenommen hat und maßgeblich auf eine Zweiraumwohnung im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss eingeschränkt hat.
Mit Bescheid vom 08.01.2020 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen für den Zeitraum Januar 2020 bis Juni 2020 in Höhe von 896,00 Euro (Regelbedarf: 432,00 Euro, Kosten der Unterkunft: 397,00 Euro, Heizkosten: 67,00 Euro).
Dabei setzte der Beklagte die Mietobergrenze anhand der Richtwerte für die Mietpreise für SGB II- und SGB XII-Bezieher in N. -schlüssiges Konzept- ab dem 01.01.2018 fest.
Die Mietobergrenzen für A-Stadt werden durch Stadt A-Stadt - Amt für Existenzsicherung - Sozialamt festgelegt. Der Beklagte hat sich diese zu eigen gemacht.
Die Erstellung des Konzepts erfolgte auf Grundlage des 2016 erschienenen Regressionsmietspiegels für die Stadt A-Stadt. Der Mietenspiegel A-Stadt bilde aufgrund der Datenerhebung den gesamten Wohnungsmarkt mit Ausnahme der geförderten Wohnungen/Sozialwohnungen ab. Im Stadtgebiet A-Stadt gebe es (Stand 31.12.2016) 17.930 belegungsgebundene Wohneinheiten. Dies entspreche ca. 6,43 Prozent (bei Grundgesamtheit von 278.499 Wohnungen, Stand: 31.12.2015).
Das Konzept wurde in der Sitzung des Sozialausschusses vom 16.11.2017 beschlossen. Zur Erstellung des Konzepts sei der Forschungsbericht "Ermittlung existenzsichernder Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II und der Sozialhilfe nach dem SGB XII", welche auf einer Studie beruht, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegeben hat, beigezogen worden. Es seie...