Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung: Kostenübernahme für Behandlungskosten mit dem Mittel Repamun bei einer Erkrankung an amyotropher Lateralsklerose
Orientierungssatz
1. Bei einer Erkrankung an einer amyotrophen Lateralsklerose stellt das Medizinprodukt “Repamun„ keine ausnahmsweise von der gesetzlichen Krankenkasse zu übernehmende Sachleistung dar, da eine positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs nicht ausreichend wahrscheinlich ist.
2. Ein Kostenübernahme- bzw. Erstattungsanspruch gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse für ein Medizinprodukt scheidet aus, wenn es an einer ärztlichen Verordnung fehlt. Das gilt auch dann, wenn eine Verordnung durch den behandelnden Arzt wegen der Zweifel an der Verordnungsfähigkeit unterblieb und sich der Arzt stattdessen mit der Bitte um Auskunft zur Verordnungsfähigkeit an den Medizinischen Dienst der Krankenkasse wandte.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Behandlung mit dem Produkt "Repamun plus" als Sachleistung durch die Beklagte.
Die 1968 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Im Juli 2011 wurde bei ihr eine Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert, eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems.
Nach diagnostischer Sicherung des Krankheitsbildes wurde ihr das Präparat "Rilutekt" (Wirkstoff Riluzol) verordnet. Auf Anraten ihrer (mit-)behandelnden Hausärzte und ihres (mit-)behandelnden Heilpraktikers unterzog sich die Klägerin darüber hinaus im Rahmen eines individuellen Heilversuchs einer Therapie mit dem Produkt "Repamun plus".
Hierbei handelt es sich um ein Medizinprodukt, welches bislang allein für die äußere Anwendung am menschlichen Organismus zugelassen ist. Die Zulassung als Fertigarzneimittel wird derzeit von dem Hersteller des Produkts, der Arzneimittel B. GmbH & Co KG, betrieben, liegt jedoch nicht vor. Der Stand des Zulassungsverfahrens ist nicht bekannt.
Die steril aufbereitete Lösung aus sog. Hitzeschockproteinen wird bei der Klägerin auch injektiv verabreicht, im Wege einer subkutanen und/oder intramuskulären Injektion.
Am 30.12.2012 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für bereits erfolgte Behandlungen bei der Beklagten, welche dies mit Bescheid vom 21.01.2013 ablehnte.
Die Ablehnung wurde damit begründet, dass die begehrte Therapie wissenschaftlich noch nicht anerkannt sei. Im Übrigen existiere eine leitliniengerechte Behandlung mit zugelassenen Arzneimitteln sowie Heil- und Hilfsmitteln.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28.04.2013 wandte sich die Klägerin im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzes an das Sozialgericht Nürnberg (S 7 KR 165/13 ER).
Sie trug im Rahmen des Eilverfahrens vor, dass es durch die von ihr durchgeführte Therapie sowohl zu einer deutlichen Verbesserung ihres Allgemeinzustands als auch zu einem teilweisen Rückgang ihrer Beschwerden gekommen sei. Ferner habe sich ihr Gemütszustand aufgehellt und die ärztlich verordnete (Dauer-) Psychotherapie habe wieder deutlich angesprochen. Auch habe insgesamt eine deutliche Verlangsamung des Krankheitsgeschehens beobachtet werden können.
Heilungserfolge hätten auch von anderen Patienten bestätigt werden können, denen das Produkt im Rahmen individueller Heilversuche verabreicht worden sei. Dem Antrag war eine eidesstattliche Versicherung der an ALS erkrankten Frau S. K. beigefügt, die von einer Verbesserung des Krankheitsbildes durch die Behandlung mit Repamun berichtet.
Darüber hinaus würden die therapeutischen Effekte der Therapie mit Hitzeschockproteinen nicht nur seit gewisser Zeit in der Wissenschaft diskutiert, sondern hätten seit einigen Jahren auch gewisse Erfolge in der internationalen universitären Grundlagenforschung vorzuweisen. Aus diesen Forschungen wiederum seien wissenschaftliche Arbeiten hervorgegangen, die teilweise in den weltweit renommiertesten Fachzeitschriften veröffentlicht worden seien.
Die Klägerin trägt vor, dass die Voraussetzungen für einen Ausnahmefall im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V vorliegen würden. Es liege eine lebensbedrohliche Erkrankung vor, für die keine allgemein anerkannte Standardtherapie zur Verfügung stehe. Das Produkt Riluzol würde lediglich eine Verlängerung der Überlebenszeit von durchschnittlich ca. drei Monaten bewirken, könne ein Voranschreiten der Erkrankung jedoch nicht aufhalten. Angesichts der Tatsache, dass die Erkrankung innerhalb von durchschnittlich drei Jahren nach der Diagnose zum Tode führe, könne nicht mehr von einer erfolgversprechenden Therapie ausgegangen werden. Darüber hinaus seien bei der Behandlung mit Rilutek bei der Klägerin erhebliche Unverträglichkeiten aufgetreten.
Es bestünde auch eine hinreichende Erfolgsaussicht, welche durch die Erfahrungsberichte anderer Patienten sowie die wissenschaftlichen Veröffentlichungen belegt sei. Je schwerwiegender die Erkrankung und "hoffnungsloser" die Situation, desto geringere Anforderungen seien an die "ernsthaften Hin...