Tenor
I. Der Bescheid vom 04.10.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2023 wird aufgehoben. Der Unfall der Klägerin am 10.01.2022 ist als Arbeitsunfall anzuerkennen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin auf dem Heimweg zurück in das Homeoffice in der Mittagspause am 10.01.2022 eines Arbeitsunfalls einhergehend mit einer Leistungspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat.
Die xxxx geborene Versicherte verunfallte am 10.01.2022 in der Mittagspause auf dem Heimweg mit ihrem PKW. Laut dem Durchgangsarztbericht vom 12.01.2022 ist die Klägerin am 10.01.2022 um 12:50 Uhr mit dem PKW verunfallt und in ein Krankenhaus verbracht worden. Sie zog sich eine Pilon tibiale Fraktur links sowie eine Claviculaschaftfraktur links zu.
Im Fragebogen der Beklagten gab die Klägerin an, dass sie sich Essen aus dem Homeoffice heraus geholt habe. Mit Bescheid vom 04.10.2022 lehnte die Beklagte eine Anerkennung des Verkehrsunfalls vom 10.01.2022 als Arbeitsunfall ab, da im Homeoffice Wege zur Nahrungsaufnahme nicht versichert seien.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2023 zurück. Wege zur Nahrungsaufnahme seien versichert, wenn die Nahrungsaufnahme zum Erhalt der Arbeitskraft und damit zur Fortsetzung der versicherten Tätigkeit erforderlich sei. Versichert seien auch Weg zum Bäcker etc., da die Vorgabe des Einsatzortes durch betriebliche Gegebenheiten in der Vorbereitung und Durchführung der Essenseinnahme gewissen Restriktionen unterlägen. Diese Gründe träfen im Homeoffice nicht zu.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 18.01.2023 Klage zum Sozialgericht Nürnberg. Im Ereigniszeitpunkt habe ein Lock down bestanden, die Klägerin sei auf Weisung des Betriebs im Homeoffice gewesen. Die Klägerin habe in ihrer Mittagspause nur schnell einen Döner im nächsten Ort holen wollen. Im Anschluss daran sei gleich ein betriebliches Teams-Meeting angesetzt gewesen. Ein eigenwirtschaftliches Interesse bei dem Holen der Mittagsverpflegung habe nicht bestanden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.10.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2023 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall der Klägerin am 10.01.2022 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.
Die Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakte sowie das Vorbringen der Beteiligten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 04.10.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.01.2023 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht die Anerkennung des Ereignisses vom 10.01.2022 als Arbeitsunfall abgelehnt.
Gemäߧ 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) - sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist nach§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Bei dieser Wertung, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende Verrichtung ausgeübt hat, stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 - Az.: B 2 U 24/02 R ; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16. März 2023 - L 14 U 29/22 -, juris).
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG stehen auch Wege zur Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit (z.B. Weg zur Gaststätte, um dort Essen einzunehmen, Weg zum Lebensmittelgeschäft, um dort Lebensmittel oder Getränke zum Verzehr während der Mittagspause zu erwerben - sieheBSG, Urteil vom 11. Mai 1995 - Az.: 2 RU 30/94 - Rn. 16 undBSG, Urteil vom 24. Juni 2003 - Az.: B 2 U 24/02 R - Rn. 14 m.w.N.) unter Versicherungsschutz, weil sie dadurch gekennzeichnet sind, dass sie regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlungen sind, um die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und es ihm zu ermöglichen, die jeweilige betriebliche Tätigkeit fortzusetzen. Das Essen und Trinken selbst sowie der Aufenthalt am Ort der Nahrungsaufnahme sind in der Regel dem persönlichen Bereich zuzuordn...