Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. letzter Entgeltabrechnungszeitraum für die Berechnung des Regelentgelts. keine Berücksichtigung nach dem letzten abgerechneten Kalendermonat geänderter Entgeltverhältnisse. keine erweiternde Auslegung des § 47 Abs 2 S 1 SGB 5 im Wege einer Analogie aufgrund einer planwidrigen Regelungslücke
Orientierungssatz
Eine erweiternde Auslegung des § 47 Abs 2 S 1 SGB 5 im Wege einer Analogie aufgrund einer planwidrigen Regelungslücke ist nicht in dem Sinne zulässig, dass auch die Fälle von § 47 Abs 2 Satz 1 SGB 5 erfasst werden, in denen zwar vor Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt abgerechnet wurde, der Entgeltabrechnungszeitraum vor Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht mindestens vier Wochen umfasst und sich in diesem Zeitraum das Entgelt verändert hat.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung höheren Krankengeldes für den Zeitraum vom 01.12.2009 bis 15.06.2010 unter Zugrundelegung des Monats November 2009 als Entgeltabrechnungszeitraum streitig.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin war ab 26.11.2009 arbeitsunfähig erkrankt und erhielt ab 01.12.2009 Krankengeld von der Beklagten. Nach Beiziehung einer Verdienstbescheinigung vom Arbeitgeber der Klägerin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 30.12.2009 Krankengeld ab 26.11.2009 in Höhe von kalendertäglich 44,66 € netto. Das für die Klägerin errechnete Brutto-Krankengeld betrage kalendertäglich 51,14 €. Dabei hatte die Beklagte den Monat Oktober 2009 als Entgeltabrechnungszeitraum (Bemessungszeitraum) für die Berechnung des Krankengeldes herangezogen. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Hiergegen wandte sich die Klägerin per mail am 12.01.2010 und vertrat die Auffassung, dass zur Krankengeldberechnung als Entgeltabrechnungszeitraum (Bemessungszeitraum) der Monat November 2009 mit dem höheren Arbeitsentgelt heranzuziehen sei. Der Monat November 2009 sei nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber als kompletter Monat bereits am 15.11.2009 abgerechnet worden. Mit Widerspruchsschreiben vom 09.03.2010 (bei der Beklagten am 11.03.2010 eingegangen) trug die Klägerin vor, sie sei am 30.11.2009 aus der Firma ausgeschieden, ihr Arbeitgeber habe die Gehaltsabrechnungen immer zum 15. eines Monats vorgenommen. Die Beklagte habe die Oktober-Abrechnung hergenommen, das sei nicht die letzte, sondern die vorletzte Abrechnung. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Monat November 2009 sei am 15.11.2009 komplett vom 01.11.2009 bis 30.11.2009 abgerechnet worden und umfasse damit nicht mindestens vier Wochen. Der Bemessungszeitraum November 2009 ende am 30.11.2009 und damit nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 26.11.2009. Entsprechend sei der letzte abgerechnete und abgelaufene Bemessungszeitraum von mindestens vier Wochen der Monat Oktober 2009, der von der Beklagten für die Krankengeldberechnung herangezogen worden sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 02.06.2010 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Da sie am 15.11.2009 bereits ihren Verdienst für den gesamten Monat November 2009 erhalten habe, müsse sich das Krankengeld daraus errechnen. Ihr Verdienst sei in diesem Monat höher gewesen, da sie in die Lohnsteuerklasse III gewechselt sei. Demzufolge hätte auch das Krankengeld höher sein müssen. Der maßgebliche Zeitpunkt sei der Zeitpunkt der Abrechnung vom 15.11.2009. Am 15.11.2009 sei die Abrechnung für den gesamten Monat November erfolgt. Dementsprechend liege der abgerechnete Zeitraum auch vor dem Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 30.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 bei der Berechnung des Krankengeldes im Zeitraum vom 01.12.2009 bis 15.06.2010 als Entgeltabrechnungszeitraum den Monat November 2009 zugrunde zu legen und dementsprechend höheres Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei einem Arbeitsentgelt, das nach Monaten bemessen werde, sehe § 47 Abs. 2 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) vor, dass der Bemessungszeitraum der Kalendermonat sei, der vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgelaufen und abgerechnet sei. Der letzte abgerechnete Kalendermonat bleibe auch dann maßgeblich, wenn sich danach oder noch vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit die Entgeltverhältnisse geändert hätten. Da der Monat November 2009 vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 26.11.2009 noch nicht abgelaufen gewesen sei, könne dieser somit auch nicht Bemessungsgrundlage für die Höhe des Krankengeldes sein.
Das Gericht hat die Akte der Beklagten sowie die Akte des SG mit dem Az. S 11 KR 369/10 ER beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist auch im Übrigen zuläs...