Entscheidungsstichwort (Thema)
Rangfolge der Erstattungsansprüche der BA und des Grundsicherungsträgers gegenüber dem Rentenversicherungsträger bei rückwirkender Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung allein aus medizinischen Gründen
Orientierungssatz
Bezieht ein Hilfebedürftiger Arbeitslosengeld und gleichzeitig aufstockend Arbeitslosengeld II und wird allein aus medizinischen Gründen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Vergangenheit bewilligt, so entfällt der Arbeitslosengeldanspruch ebenso wie der Anspruch auf Arbeitslosengeld II nachträglich iS des § 103 SGB 10 mit der Folge, dass die Erstattungsansprüche der Bundesagentur für Arbeit und des Grundsicherungsträgers gleichrangig sind und gem § 106 Abs 2 S 1 SGB 10 vom Rentenversicherungsträger anteilig befriedigt werden.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Erstattungsanspruches.
Mit Bescheid vom 09.01.2007 bewilligte die Beklagte der Versicherten J. (S.K.) vom 01.06.2006 bis 31.03.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung aus medizinischen Gründen (unter dreistündiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt). Die Nachzahlung vom 01.06.2006 bis 28.02.2007 betrug 3.264,48 €. Zum 01.03.2007 wurde die laufende Zahlung aufgenommen. Vom 01.06.2006 bis 28.02.2007 hatte S.K. sowohl Leistungen von der Klägerin sowie aufstockende Leistungen von dem Beigeladenen (C., vormals Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II) erhalten. Am 03.04.2006 hatte sie sich bei der Klägerin arbeitslos gemeldet, worauf ihr Arbeitslosengeld (Alg) gemäß § 117 SGB III (Sozialgesetzbuch Drittes Buch) ab dem 03.04.2006 für 493 Tage nach einem Bemessungsentgelt von 52,14 € mit einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 12,36 € bewilligt wurde. Mit Schreiben vom 06.03.2007 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach § 103 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit vom 01.06.2006 bis 28.02.2007 geltend. Die Leistungsbewilligung gegenüber der Versicherten hatte sie gemäß § 48 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III aufgehoben. Sie bezifferte die Erstattungshöhe auf insgesamt 3.905,46 € einschließlich 518,58 € für gezahlte Krankenversicherungs- und 122,40 € für gezahlte Pflegeversicherungsbeiträge.
Im Erstattungszeitraum bezog S.K. von dem Beigeladenen aufstockende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Antragsgemäß wurde ihr als Mitglied der aus ihr und ihrem Ehemann bestehenden Bedarfsgemeinschaft in dem Zeitraum vom 01.06.2006 bis zum 30.09.2006 auf Basis des Bewilligungsbescheides vom 02.05.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05.07.2006 und in dem Zeitraum vom 01.10.2006 bis zum 28.02.2007 auf Basis des Bewilligungsbescheides vom 12.09.2006 Alg II in Höhe von insgesamt 3.071,70 € zzgl. Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung als aufstockende Leistungen gewährt. Durch den nachträglichen Wegfall von Alg II aufgrund der Rentengewährung erwarb S.K. einen Anspruch gegen den Beigeladenen auf Sozialgeld in gleicher Höhe.
Mit Schreiben vom 22.01.2007 machte der Beigeladene einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten für geleistetes Alg II vom 01.03.2005 bis 28.02.2007 zzgl. gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge geltend.
Die Beklagte berechnete für die Monate Juni 2006 bis Februar 2007 die anteilsmäßige Aufteilung der beiden Erstattungsansprüche, wobei die Erstattungsbeträge für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung hälftig aufgeteilt wurden.
Mit Schreiben vom 23.04.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihre Forderung für die Zeit vom 01.06.2006 bis 28.02.2007 wegen eines gleichrangigen Erstattungsanspruches des Beigeladenen nur anteilsmäßig zu erfüllen gewesen sei und sie für diesen Zeitraum nur einen reduzierten Betrag erhalte. Der Erstattungsbetrag wurde mit insgesamt 1.971,80 € festgestellt.
Mit weiterem Schreiben vom 23.04.2007 teilte die Beklagte dem Beigeladenen mit, dass für die geltend gemachte Zeit seine Forderung gemäß § 103 SGB X in Verbindung mit §§ 19 ff. SGB II nicht in der geltend gemachten Höhe habe berücksichtigt werden können, weil sie wegen gleichrangiger Erstattungsansprüche der Klägerin gemäß § 103 SGB X in Verbindung mit § 125 SGB III nur anteilsmäßig zu erfüllen gewesen sei (§ 106 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Zum anderen habe die Forderung für die Zeit vom 01.03.2005 bis 31.05.2006 nicht berücksichtigt werden können, weil für diese Zeit keine Rentennachzahlungsbeträge zur Verfügung stünden (Rentenbeginn = 01.06.2006). Insgesamt wurde ein Erstattungsbetrag von 1.872,44 € festgesetzt.
Mit Schreiben vom 02.05.2007 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie weiterhin auf Erstattung des bezifferten Anspruches in voller Höhe bestehe. Leistungen nach dem SGB II seien gegenüber Leistungen nach dem SGB III nachrangig, so da...