Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5. hinreichende Mitteilung über Nichteinhalten der Entscheidungsfrist iSd § 13 Abs 3a S 2 SGB 5. keine Fristverlängerung durch Anforderung der Unterlagen. fiktiver Verwaltungsakt
Orientierungssatz
1. Ein Schreiben an den Versicherten mit der Formulierung, dass es ohne die angeforderten Unterlagen nicht möglich sei, über den Antrag zu entscheiden, genügt nicht als Mitteilung eines hinreichenden Grundes iSd § 13 Abs 3a S 2 SGB 5 für die Nichteinhaltung der Entscheidungsfrist.
2. Die Frist verlängert sich auch nicht allein durch die Anforderung der Unterlagen.
3. Durch den Eintritt der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 wird der Genehmigungsbescheid einer Krankenkasse ersetzt.
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 25.09.2014 verurteilt, der Klägerin eine bariatrische Operation als Sachleistung zu gewähren.
II. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Feststellung einer Genehmigungsfiktion.
Die 1948 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Mit Schreiben vom 25.07.2014 beantragte sie unter Beifügung umfangreicher medizinischer Befunde bei der Beklagten die Kostenübernahme einer bariatrischen Operation.
Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom 31.07.2014 die von der Klägerin übersandten Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK).
Dieser nahm mit Gutachten vom 18.08.2014 Stellung dergestalt, dass eine nachhaltige Gewichtsreduktion bei der Klägerin sinnvoll und erstrebenswert sei. Aus den vorliegenden Unterlagen sei eine bleibende Änderung des Lebensstils nicht nachvollziehbar. Für eine adäquate sozialmedizinische Stellungnahme zu dem Sachverhalt würden weitere Informationen/Unterlagen benötigt:
- Verlauf des Körpergewichts
- Bisherige Bemühungen zur Gewichtsreduktion
- Ernährungsverhalten 6-12 Monate
- Bewegungsverhalten 6-12 Monate
Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 21.08.2014 von der Klägerin die vom MDK geforderte Selbstauskunft an.
Die Klägerin übersandte mit Schreiben vom 26.08.2014 die von der Beklagten angeforderten Unterlagen. Die Beklagte beteiligte daraufhin am 05.09.2014 erneut den MDK, der mit Gutachten vom 22.09.2014 zu dem Ergebnis kam, dass die konservative Behandlung, d.h. fortlaufende diätetische, bewegungstherapeutische und verhaltenstherapeutische Maßnahmen nicht maximal ausgeschöpft seien.
Mit Bescheid vom 25.09.2014 lehnte die Beklagte unter Bezug auf die Einschätzung des MDK den Antrag der Klägerin ab.
Hiergegen erhob diese Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.
Mit Schriftsatz vom 05.11.2014 ihres Bevollmächtigten vom 05.11.2014 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg.
Es wurde vorgetragen, dass die Beklagte über den Antrag der Klägerin nicht innerhalb der Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V entschieden habe. Eine rechtzeitige schriftliche Mitteilung der Beklagten an die Klägerin, man könne die Frist des § 13 Abs. 3a SGB V nicht einhalten, wie sie § 13 Abs. 3a S. 5 SGB V vorschreibe, sei nicht erfolgt.
Der Gesetzgeber habe im Rahmen dieser Mitteilung auch die Darlegung von "hinreichenden Gründen" verlangt, § 13 Abs. 3a S. 5 SGB V. Lege man den Gesetzeswortlaut zugrunde, so könne die Mitteilung eines hinreichenden Grundes natürlich nicht konkludent erfolgen. Mit dem Eintritt der Genehmigungsfiktion sei das Antragsverfahren in der Hauptsache erledigt. Es verbleibe dann nur noch das Feststellungsinteresse. Für eine Befassung des Widerspruchsausschusses der Beklagten sei vorliegend kein Raum mehr, da es nichts mehr gebe, worüber man in der Sache entscheiden könne. Ab dem Moment des Eintritts der Genehmigungsfiktion habe die Klägerin die Sicherheit, dass der originäre Sachleistungsanspruch bestehe.
Die Genehmigungsfiktion ersetze dann den positiven Bewilligungsbescheid.
Die Klägerin beantragt
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.09.2014 zu verurteilen, der Klägerin eine bariatrische Operation als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung der Beklagten habe sie ihren Pflichten gemäß § 13 Abs. 3a SGB V vollumfänglich genügt. Es könne gerade keine Rede davon sein, dass die Beklagte ohne jede Begründung die 5-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a SGB V habe verstreichen lassen. Insoweit übersehe die Klägerseite, dass die Beklagte bereits mit Schreiben vom 08.08.2014 gegenüber der Klägerin angezeigt habe, dass sie eine Begutachtung durch den MDK veranlasst habe und deshalb für die Entscheidung noch Zeit benötigen würde.
Die Klägerin sei nach Eingang der angeforderten Unterlagen nochmal am 08.09.2014 darüber unterrichtet worden, dass der MDK mit einer ergänzenden Beurteilung beauftragt worden sei und die abschließende Entscheidung noch etwas Zeit benötigen würde
Die Beklagte habe unverzüglich nach Antragstellung den MDK mit der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit beauftragt....