Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. Fahrrad mit Hilfsmotor
Leitsatz (amtlich)
Ein Fahrrad mit Hilfsmotor stellt kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung dar, so dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen kann.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Versorgung mit einem Fahrrad mit Hilfsmotor in Form eines Leichtmofas.
Die am D. 1960 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie leidet unter Kniebeschwerden. Im März 2011 beantragte sie die Kostenübernahme eines Fahrrades mit Hilfsmotor und fügte eine ärztliche Bescheinigung ihres Orthopäden Dr. E. vom 23.03.2011 bei, wonach sie zur Erhaltung der Mobilität bei Gonarthrose beidseits eines Hilfsmittels zur Fortbewegung bedürfe, z.B. eines Fahrrades mit Hilfsmotor. Im rechten Knie ist schon eine Knieprothese eingesetzt. Laut den beigefügten Arztbriefen empfahl Dr. E. bereits im März 2009 auch die Einsetzung einer Knie-TEP links.
Mit Bescheid vom 01.04.2011 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Es handele sich bei einem Fahrrad mit Hilfsmotor nicht um ein Hilfsmittel, sondern um einen Gebrauchsgegenstand. Zuvor hatte die Beklagte eine Stellungnahme des medizinischen Dienstes (MDK) vom 30.03.2011 eingeholt, der ausführte, bei einem Fahrrad mit Hilfsmotor handele es sich um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der mittlerweile verbreitet sei. Es würden andere Maßnahmen empfohlen wie Gewichtsreduktion, Diätberatung, Bewegungsprogramm, ggf. Unterarmgehstützen oder die Versorgung mit einem Rollator.
Die Klägerin legte am 02.04.2011 Widerspruch ein. Sie trug vor, es sei ihr kaum möglich, 500 m ohne starke Schmerzen zurückzulegen. Sie habe seit fast drei Jahren eine Knieprothese rechts und laufe seitdem noch schlechter als vorher. Mit dem Fahrrad könne sie sich über sehr kurze Strecken einigermaßen schmerzfrei bewegen. Bei längeren Strecken von über 2 km habe sie beim Radfahren jedoch starke Schmerzen. Das Radfahren falle ihr zunehmend schwerer. Gegen die Schmerzen nehme sie Tramal oder unterziehe sich einer Punktion oder Kortisoninfusion.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gebrauchsgegenstände des tägl. Lebens seien Gegenstände, die allgemein im täglichen Leben verwendet werden und die nicht für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt seien und überwiegend von diesen genutzt würden. Fahrräder mit Hilfsmotoren seien im Handel für alle Bevölkerungsteile frei zu erwerben. Die Krankenkasse habe einen gewissen körperlichen Freiraum zu ermöglichen, aber nur in einem Umfang, den ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklege. Die Fortbewegung über weitere Gehstrecken falle nicht darunter.
Mit ihrer am 11.08.2011 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wohne auf dem Land, habe kein Auto und sei darauf angewiesen, ihr normales Fahrrad mit in den Bus zu nehmen, um von da aus zweimal pro Woche ihre geringfügige Arbeitsstelle zu erreichen. Die Haltestelle sei weit entfernt (4-5 km) und der Bus fahre selten. Zudem könne sie sich nicht darauf verlassen, mit ihrem Fahrrad stets im Bus mitgenommen zu werden. Die gesamte Strecke bis F. könne Sie allein mit dem Fahrrad nicht schaffen. Sie könne auch nicht einkaufen und Arztbesuche erledigen. Sie habe einen Rollator könne diesen aber nur für kurze Wegstrecken von 200-300 m nutzen und habe dabei Schmerzen. Sie sei nicht ausreichend Gehfähig und benötige das Hilfsmittel zum Ausgleich ihrer Gehbehinderung bei Knieprothese rechts und Arthrose im linken Knie. Ein gesunder Mensch könne ohne weiteres 4-5 km zu Fuß zurücklegen. Sie wolle sich nicht vergnügen, nur ihre normalen Besorgungen erledigen. Sie benötige als Ausstattungsmerkmal ein Leichtmofa, das selbständig ohne Tretunterstützung fahren könne. Die Klägerin reichte einen Kostenvoranschlag über ein von ihr begehrtes Elektrofahrrad über 1999,- € ein.
Sie beantragt,
den Bescheid vom 01.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Fahrrad mit Hilfsmotor zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, eine Hilfsmittelversorgung mit Fahrrädern komme für Erwachsene grundsätzlich nicht in Betracht. Es solle vorliegend die Mobilität über weite Wegstrecken erhalten, was nicht in die Leistungspflicht der Krankenversicherung falle. Rentenversicherungsrecht sei ebenfalls nicht anwendbar, weil die Klägerin seit 2006 Arbeitslosengeld II erhalte und keiner konkreten sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes des behandelnden Orthopäden Dr. E. vom 21.11.2011. Dieser führte aus, unter Benutzung eines Rollators sei eine Gehstrecke von 800-1000 m zumutbar. Einen Rollstuhl halte er bei der noch bestehenden Mobilität für nicht erforderlich, sondern primär die Implantation von Knieendoprothesen.
Wegen der...