Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. sachlicher Zusammenhang. Abweg. Arztbesuch. Nichterreichen der unmittelbaren Wegstrecke. dritter Ort. Zwei-Stunden-Grenze

 

Orientierungssatz

Ein Praktikant, der nach einem weniger als zwei Stunden dauernden Arztbesuch auf dem Weg zur Praktikumsstelle verunglückt, steht nicht gem § 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn er sich im Unfallzeitpunkt noch auf dem unversicherten Abweg befunden hat bzw die üblicherweise zurückgelegt Wegstrecke noch nicht erreicht hatte.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 23. Dezember 2017 als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Der 1965 geborene Kläger absolvierte seit dem 12. Februar 2018 ein Praktikum bei dem Berufsförderungswerk E. in der F. in G. Am 24. April 2018 nahm der Kläger vor dem Beginn seiner Praktikumsstelle einen Arzttermin bei Herrn G. in der H. in G war. Der Arzttermin war zuvor mit den Verantwortlichen aus dem Praktikumsbetrieb abgesprochen. Im Anschluss sollte der Kläger zum Praktikumsbetrieb fahren. Auf dem Weg von dem Arzt zu der Praktikumsstelle fuhr der Kläger über die I., wo ihm ein Linienbus in die Beifahrerseite fuhr. Daraufhin wurde der Kläger mit Rettungswagen in das Klinikum G verbracht und dort vom 24. April 2018 bis zum 4. Mai 2018 stationär behandelt. Der Kläger erlitt eine Klavikulafraktur   links, ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades sowie eine Rippenserienfraktur von der 3. bis zur 6. linken Rippe.

Mit Bescheid vom 25. Mai 2018 lehnte die Beklagte das Vorliegen eines Versicherungsfalls ab. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls keiner versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Es habe sich vielmehr um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt, da sie nicht auf die beruflichen Belange ausgerichtet gewesen sei. Der Arztbesuch bei Herrn G. in der J. sei bereits im Voraus geplant gewesen. Bei dem Weg von dem Arzt zum Ort der Tätigkeit habe es sich nicht um den direkten Weg, sondern vielmehr um einen Abweg gehandelt. Für diesen habe kein Versicherungsschutz bestanden, da sich der Kläger nicht bereits wieder auf dem direkten Weg befunden habe. Der Unfall habe sich in der I. in G ereignet, welche der Kläger ausgehend von seiner Wohnung nicht befahre um zum Ort der Tätigkeit zu gelangen. Deshalb sei es unerheblich, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls zu dem Ort seiner Tätigkeit gelangen wollte.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 24. Juli 2018 wurde dieser dahingehend begründet, dass zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen sei, dass die Verantwortlichen des Praktikumsbetriebes von dem Arztbesuch gewusst haben und vereinbart gewesen sei, dass er nach dem Arztbesuch wieder zurück zur Praktikumsstelle fahren solle. Die streitgegenständliche Rückfahrt sei damit Teil einer Vereinbarung mit dem Berufsförderungswerk gewesen und könne daher keine eigenwirtschaftliche Verrichtung darstellen. Auf den konkreten ausgewählten Weg könne es hierbei nicht ankommen, da es zu unbilligen Ergebnissen führen würde, wenn ein Versicherter zur Umgehung von Staus und anderen Verkehrsbeeinträchtigungen den Weg leicht abändere.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Rahmen eines Wegeunfalls nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII lediglich der direkte Weg zwischen Arbeitsstätte und Wohnort unter Versicherungsschutz stehe. Werde dieser Weg nicht direkt angetreten, sondern zunächst ein privates Ziel in einer anderen Richtung angesteuert, bestehe Versicherungsschutz erst dann wieder, wenn der eigentliche direkte Weg zur Arbeitet wieder erreicht werde. Der Kläger sei jedoch verunglückt bevor er den Weg erreicht habe, den er üblicherweise von zu Hause aus zum Praktikumsbetrieb genommen habe. Aus welchen Gründen der Kläger die I. gefahren sei, sei unerheblich für die Beurteilung des Versicherungsschutzes, weil es nicht der direkte Weg zwischen der Wohnung und dem Praktikumsbetrieb gewesen sei. Hierbei sei es unerheblich, dass die Verantwortlichen des Praktikumsbetriebes den Arztbesuch genehmigt haben, da es sich insoweit um eine ausschließlich arbeitsrechtliche Thematik handele, die keine Auswirkung auf das Rechtsgebiet der gesetzlichen Unfallversicherung habe.

Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, am 20. November 2018 Klage vor dem Sozialgericht Q erhoben, welches das Verfahren mit Beschluss vom 15. November 2018 aufgrund der örtlichen Zuständigkeit an das Sozialgericht Oldenburg verwiesen hat.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich bei dem Vorfall am 24. April 2018 um einen Versicherungsfall handele, da d...

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