Entscheidungsstichwort (Thema)
einstweiliger Rechtsschutz. besonderes Vollzugsinteresse aus fiskalischen Gründen. Asylbewerberleistungsrecht. Unterbrechung des Leistungsbezugs nach § 3 AsylbLG. Neubeginn des Fristlaufs nach § 2 AsylbLG. keine analoge Anwendung des § 2 AsylbLG idF vom 19.8.2007 auf Zeitraum vor Neuregelung. Rückstufung. kein Verstoß gegen Rückwirkungsverbot. Vorliegen eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung. Vorbezugszeit des § 2 AsylbLG
Leitsatz (amtlich)
1. Im Asylbewerberleistungsrecht kann sich ein besonderes Vollzugsinteresse für eine Anordnung der sofortigen Vollziehung aus fiskalischen Gründen ergeben, soweit die Realisierung einer bis zum Ende des Hauptsacheverfahrens möglicherweise weiter auflaufenden Rückforderung gefährdet ist.
2. Eine Unterbrechung des Leistungsbezugs nach § 3 AsylbLG führt zu einem Neubeginn des Fristlaufs nach § 2 AsylbLG, wenn die Unterbrechung in Bezug auf die Integration beachtlich ist. Der Anwendungsbereich des § 2 AsylbLG ist insoweit teleologisch zu reduzieren.
3. Die leistungsrechtliche Privilegierung aus § 2 AsylbLG ist nach der Neufassung dieser Vorschrift vom 28.8.2007 auch für diejenigen Leistungsempfänger, die neben der Erfüllung der alten 36-Monatsfrist weitere zwölf Monate im Bezug von Leistungen nach § 2 AsylbLG aF standen, also insgesamt 48 Monate des Bezuges von Leistungen nach dem AsylbLG nachweisen können, nicht analog anzuwenden (Aufgabe von SG Osnabrück vom 18.1.2008 - S 16 AY 30/07 ER).
4. Eine Rückstufung des Hilfsempfängers von Leistungen gem § 2 AsylbLG auf Leistungen nach § 3 AsylbLG führt auch dann nicht zu einem Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot, wenn der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG J: 2004 ist (Weiterführung von SG Osnabrück vom 8.1.2008 - S 16 AY 24/07 ER).
Orientierungssatz
Für die Beurteilung der Frage, ob ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vorliegt, ist der konkrete Inhalt des Bescheides aus Sicht des Adressaten entscheidend (vgl BSG vom 8.2.2007 - B 9b AY 1/06 R = BSGE 98, 116 = SozR 4-3520 § 2 Nr 1).
Tenor
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
2. Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von privilegierten Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit ab dem 01.10.2008.
Die Antragstellerin, Staatsangehörige Bosniens und Herzegowinas, bosnischer Volks- und katholischer Religionszugehörigkeit, reiste zunächst am 10.09.1992 mit einem bis zum 10.12.1992 gültigen Besuchsvisum in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 06.01.1993 wurde der Antragstellerin aufgrund des Bürgerkriegs im Heimatland eine Aufenthaltsbefugnis erteilt. Diese Aufenthaltsbefugnis wurde mehrmals verlängert.
Mit Bescheid vom 14.10.1997 wurde ein erneuter Verlängerungsantrag abgelehnt. Den dagegen erhobenen Widerspruch vom 13.11.1997 wies die damalige Bezirksregierung Weser-Ems mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.1998 zurück.
Nach einem Verlassen der Bundesrepublik Deutschland reiste die Antragstellerin erneut, ihren Angaben zufolge am 12.07.1999, in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantrage am 15.07.1999 die Anerkennung als Asylberechtigte.
Diesen Antrag wies das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 28.02.2005 zurück und stellte zudem fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 bis 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorlägen. Auf die gegen diesen Bescheid erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück, verpflichtete dieses das Bundesamt mit Urteil vom 27.06.2005 zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 AufenthG und wies die Klage im Übrigen zurück (Az.: 5 A 131/05).
Die Antragstellerin steht bei dem Antragsgegner in Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG. Im Rahmen dieses Leistungsbezuges gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Bescheid vom 19.01.2007 Leistungen in Höhe von 661,93 €. In diesem Bescheid heißt es wie folgt:
"Die Ihnen bisher nach den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetztes in entsprechender Anwendung des Sozialgesetzbuch XII gewährte Hilfe wird mit Wirkung zum 01.01.2007 wegen des erhöhten Krankenversicherungsbeitrages neu festgesetzt auf 661,93 €."
Zudem heißt es in diesem Bescheid wie folgt:
"Ursprünglich wollte ich für 02-04/07 den aus der Überzahlung für A. entstandenen Restbetrag von 69,-- € in drei Raten à 23,-- € bei Ihren Sozialleistungen einbehalten. Aufgrund des erhaltenen Vorschusses verschiebe ich dieses um zwei Monate. Die wegen früher Arbeitstätigkeit A. entstandene Überzahlung wäre dann nach 06/07 ausgeglichen"
Ein expliziter Hinweis darauf, dass sich die Gewährung nur auf den konkreten Monat beziehe, ist in dem Bescheid nicht enthalten.
Mit Schreiben vom 14.11.2007 kündigte der Antragsgegner eine Rückstufung auf Leistungen nach § 3 AsylbLG an. Eine Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde nicht erwähnt.
Mit Schreiben vom 06.12.2007 wies der Antragsge...