Leitsatz (amtlich)

1. Eine Unterbrechung des Leistungsbezugs nach § 3 AsylbLG führt zu einem Neubeginn des Fristlaufs nach § 2 AsylbLG, wenn die Unterbrechung in Bezug auf die Integration beachtlich ist. Der Anwendungsbereich des § 2 AsylbLG ist insoweit teleologisch zu reduzieren.

2. Eine Unterbrechung ist beachtlich, wenn sich der Ausländer über einen längeren Zeitraum im Ausland aufhält (hier: 29 Monate) und dort Asylanträge stellt. Dass vor dem Verlassen des Bundesgebietes möglicherweise ein Abschiebehindernis anzuerkennen gewesen wäre, steht der Beachtlichkeit nicht entgegen, da es bezüglich der Integrationskomponente auf Verschulden nicht ankommt.

3. Die leistungsrechtliche Privilegierung aus § 2 AsylbLG ist nach der Neufassung dieser Vorschrift vom 28.08.2007 für diejenigen Leistungsempfänger, die vor der Gesetzesänderung bzw. der "Rückstufung" weniger als zwölf Monate im Bezug von Leistungen nach § 2 AsylbLG a. F. standen, weder direkt noch analog anzuwenden.

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

2. Kosten werden nicht erstattet.

3. Den Antragstellern wird für das erstinstanzliche einstweilige Rechtsschutzverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwalt F. aus Osnabrück als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von privilegierten Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die Antragsteller sind türkische Staatsangehörige. Die Antragsteller zu 2) und zu 3) reisten am 07.05.1993 mit ihrer Mutter in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ihr Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte wurde vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden Bundesamt) mit Bescheid vom 23.08.1993 abgelehnt (vgl. Bl. 13 der Ausländerakten der Mutter der Antragsteller - im Folgenden AA). Das dagegen angestrengte Verfahren vor dem VG Osnabrück (Az.: 5 A 594/04) blieb ohne Erfolg (vgl. Urteil vom 13.03.1996, Bl. 39 ff. der AA).

Die Antragstellerin zu 1) reise am 17.12.1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 05.11.1996 stellten die Eltern der Antragsteller und die Antragsteller zu 1) bis 3) einen Asylfolgeantrag (Bl. 70 ff. der AA). Mit Bescheid vom 07.01.1997 wurde seitens des Bundesamts die Durchführung eines weiteren Verfahrens abgelehnt (vgl. Bl. 74 ff. der AA). Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Az.: 5 B 14/07) blieb ebenso ohne Erfolg (vgl. Bl. 77 ff. der AA), wie das angestrengte Klageverfahren (vgl. Urteil vom 03.06.1997, Az.: 5 A 19/97, Bl. 88 der AA).

Auch der seitens der Antragsteller zu 4) und zu 5) gestellte Asylantrag wurde abgelehnt (vgl. Bescheid vom 02.06.1997, Bl. 23 ff. bzw. 35 ff. der entsprechenden AA). Auch der hiergegen erhobene Rechtsschutz blieb ohne Erfolg (vgl. Urteil vom 18.08.1997, Az.: 5 A 474/07 der jeweiligen AA).

Auch die Asylfolgeanträge vom 02.02.1998 und 21.12.1998 blieben ohne Erfolg (vgl. Bescheid vom 02.03.1998, Bl. 114 ff., Beschluss vom 26.03.1998, Az.: 5 B 111/98 und Urteil vom 15.06.1998, Az.: 5 A 214/08, Bl. 137 ff. einerseits und Bescheid vom 08.01.1999, Bl. 184 ff., Beschluss vom 29.01.1999, Az.: 5 B 15/99, Bl. 192 ff. und Urteil vom 08.03.1999, Az.: 5 A 30/99, Bl. 217 ff der AA andererseits).

Die daraufhin für den 16.03.1999 (vgl. Schreiben vom 25.02.1999, Bl. 199 der AA) geplante Abschiebung ging fehl, da die Antragsteller wahrscheinlich mittlerweile untergetaucht waren (vgl. Vermerk vom 16.03.1999, Bl. 211 der AA).

Am 10.07.2000 beantragten die Antragesteller die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Diesen Antrag wies das Bundesamt mit Beschluss vom 27.07.2000 zurück (Bl. 238 der AA). Daraufhin wurde für den 21.11.2000 eine erneute Abschiebung eingeleitet, die ebenfalls fehlschlug (vgl. Bl. 281 der AA).

Am 09.05.2001 stellte der Antragsteller zu 6) einen Asylerstantrag, der mit Bescheid vom 16.01.2002 zurückgewiesen wurde (vgl. Bl. 23 der entsprechenden AA). Das hiergegen geführte einstweilige Rechtsschutzverfahren blieb ohne Erfolg (vgl. Beschluss vom 31.01.2002, Az.: 5 B 25/02, Bl. 29 der entsprechenden AA).

Eine für den 01.03.2002 geplante Abschiebung blieb ebenfalls ohne Erfolg.

Im Juni 2002 flohen die Antragsteller nach Schweden und stellten hier ebenfalls einen Asylantrag. Das „Swedish Migration Board“ stellte daraufhin beim Bundesamt am 15.11.2002 ein Übernahmeersuchen nach dem Dubliner Übereinkommen, dem mit Schreiben vom 13.01.2003 entsprochen wurde (vgl. Bl. 310 der VA).

Daraufhin sollten die Antragsteller am 22.05.2003 von Schweden nach Deutschland überstellt werden, was ebenfalls an einem Untertauchen (des Ehemanns der Antragsteller) scheiterte (vgl. Bl. 319 der AA).

Daraufhin wurde am 04.11.2004 eine Rücküberstellung der Antragsteller (mit ihrer Mutter, aber ohne ihren weiterhin untergetauchten Vater) durchgeführt (vgl. Bl. 323 der AA).

Seitdem bezogen die Antragsteller wieder Leistungen nach § 3 AsylbLG.

Im Februar 2005 machte die Mutter der Antragsteller im Rahmen eines weiteren Asylfolgeverfahren geltend, sie...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?