Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistungsrecht. analoge Anwendung des § 2 AsylbLG idF vom 19.8.2007 auf Zeitraum vor Neuregelung. einstweiliger Rechtsschutz. Antragstellung nach §§ 104a ff AufenthG 2004. Anordnungsgrund. Auslegung von Verwaltungsakten. Dauerverwaltungsakt. Berechnungsbogen
Leitsatz (amtlich)
1. Die leistungsrechtliche Privilegierung aus § 2 AsylbLG ist nach der Neufassung dieser Vorschrift vom 28.8.2007 für diejenigen Leistungsempfänger analog anzuwenden, die vor der Gesetzesänderung bereits zwölf Monate im Bezug von Leistungen nach § 2 AsylbLG aF standen, also insgesamt 48 Monate des Bezuges von Leistungen nach dem AsylbLG nachweisen können.
2. Die Möglichkeit, einen Antrag nach §§ 104a, 104b AufenthG 2004 zu stellen, lässt in diesen Fällen im einstweiligen Verfahren den Anordnungsgrund nicht entfallen.
3. Ergibt die Auslegung von Bescheiden im AsylbLG nach dem Empfängerhorizont kein eindeutiges Ergebnis, so ist im Zweifel nicht von einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auszugehen.
Orientierungssatz
Berechnungsbögen in Bescheiden gehören zwar nicht direkt zur Regelung iS des § 31 SGB 10, können jedoch zur Auslegung herangezogen werden (vgl LSG Halle (Saale) vom 18.12.2006 - L 8 B 24/06 AY ER = JMBl ST 2007, 228).
Tenor
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern zu 1), zu 3) und zu 4) beginnend mit dem 22.01.2008 bis zu einer Entscheidung über den Widerspruch vom 17.12.2007 weiterhin Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren.
2. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1) zu 3) und zu 4).
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen eine seitens des Antragsgegners vorgenommene Rückstufung auf Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Die Antragsteller zu 1), 3) und 4), Staatsangehörige der russischen Föderation, armenischer Volkszugehörigkeit, reisten am 08.10.2000, eigenen Angaben zufolge auf dem Luftweg, in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 01.11.2000 Asylanträge. Diese wies das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 12.03.2003 zurück. Die dagegen erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück wurde zurückgenommen (vgl. Verwaltungsgericht Osnabrück, Beschluss vom 16.05.2003, Az. 5 A 163/03).
Die Antragsteller zu 1) bis 4) erhielten in der Zeit vom 01.11.2000 bis 31.10.2003 Leistungen nach §§ 3 ff. AsylblG. Mit Bescheid vom 05.09.2003 gewährte die Stadt Melle den Antragstellern Leistungen nach § 2 AsylblG in Höhe von 1.437,39 EUR. In diesem Bescheid heißt es wie folgt:
“Auf Antrag vom 01.09.2003 wird Ihnen aufgrund der Bestimmung des Asylbewerberleistungsgesetzes in der derzeit geltenden Fassung sowie den hierzu ergangenen Durchführungsverordnungen und Richtlinien ab Datum ... ab eine Hilfe von monatlich 1.437,39 EUR bewilligt.„
Mit Bescheid vom 15.01.2004 änderte der Antragsgegner diesen Bescheid “mit Wirkung vom 01.02.2004„ auf einen Betrag von 1.449,01 EUR. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 30.12.2004 gewährte der Antragsgegner den Antragstellerin zu 1), 2) und 4) “mit Wirkung vom 01.01.2005„ 1.216,00 und dem Antragsteller zu 3) mit eigenem Bescheid vom 30.12.2004 “mit Wirkung vom 01.01.2005„ 369,00 EUR.
Mit Bescheid vom 22.09.2005 stellte der Antragsgegner die Leistungen gegenüber der Antragstellerin zu 2) ein, da diese nun im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sei. Mit weiteren Änderungsbescheiden vom 08.12.2005 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller zu 1) “mit Wirkung zum 01.01.2006„ 429,35 EUR, dem Antragsteller zu 3) 394,70 EUR. Der Antragstellerin zu 4) wurden mit (nun ebenfalls eigenem) Bescheid vom gleichen Tag Leistungen i.H.v. in Höhe von 394,70 EUR gewährt.
Mit Bescheiden vom 11.12.2007 hob der Antragsgegner die Bescheide für die Gewährung der Leistung vom 01.11.2003 bis 30.12.2007 gegenüber den Antragstellern zu 1), 3) und 4) jeweils auf. In diesen Bescheiden wurde die sofortige Vollziehung angeordnet.
Mit Bescheiden vom 12.12.2007 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller zu 1) “mit Wirkung zum„ 01.01.2008 338,44 EUR, den Antragstellern zu 3) und zu 4) jeweils 325,65 EUR.
Gegen diese Bescheide erhoben die Antragsteller zu 1), zu 3) und zu 4) mit Schreiben vom 17.12.2007 Widerspruch.
Am 21.12.2007 haben die Antragsteller den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
Sie sind der Ansicht, dass ein überwiegendes Interesse an dem Vollzug des Aufhebungsbescheides nicht gegeben sei, da sie sich bereits auf die höheren Leistungen eingestellt hätten. Da keine Übergangsregelung geschaffen worden sei, könne die Neureglung nur für die Fälle gelten, in denen der Anspruch die Analogieleistungen erstmals zu prüfen sei.
Zudem sind sie der Ansicht, dass ein starres Festhalten am Wortlaut der Vorschrift einen Verstoß gegen Art 3 des Grundgesetzes (GG) zur Folge hätte.
Mit Schreiben vom 04.01.2008 hat die Antragstellerin zu 2) den Antrag zurückgenommen. Die Antragsteller zu 1) und zu 3) sowie die Antragst...