Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnarzt. mangelhafte prothetische Versorgung. Feststellung von Schadensersatzansprüchen der Ersatzkassen durch Kassenzahnärztliche Vereinigungen auch bei andersartigen Versorgungen gem § 55 Abs 5 SGB 5
Orientierungssatz
Nach dem Zahnarzt-Ersatzkassenvertrag (juris: EKV-Z) zählen alle Leistungen nach § 55 SGB 5 - somit auch die andersartigen Versorgungen nach § 55 Abs 5 SGB 5 - zur vertragszahnärztlichen Versorgung, so dass eine Kassenzahnärztliche Vereinigung gem § 21 Abs 2 EKVZ für die inhaltliche Prüfung eines Antrages der Ersatzkasse auf Schadensersatz aufgrund mangelhafter Leistung des Vertragszahnarztes zuständig ist.
Tenor
1. Die Bescheide vom 11.06.2013 und 27.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014 (Ausfertigung vom 16.02.2015) werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Festsetzung eines Schadensersatzanspruches gegenüber dem Beigeladenen eine Sachentscheidung zu treffen.
2. Die Berufung wird zugelassen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Festsetzung eines Schadensersatzanspruches gegen den beigeladenen Vertragszahnarzt wegen einer mangelhaften prothetischen Versorgung.
Mit Schreiben vom 27.05.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Rückforderung eines Festzuschusses von dem beigeladenen Vertragszahnarzt. Für ihr Mitglied sei am 17.08.2011 eine andersartige Versorgung durch die Praxis des Beigeladenen eingegliedert worden. Laut Mängelgutachten sei die Versorgung im Unterkiefer ohne Mängel, im Oberkiefer sei eine Neuanfertigung erforderlich. Das Vertrauensverhältnis zwischen der Versicherten und dem Vertragszahnarzt sei gestört, so dass am 8.05.2013 einem Behandlerwechsel zugestimmt worden sei. Dazu legte sie den Heil- und Kostenplan vom 10.05.2011 vor. Sie machte eine Rückforderung i.H.v. 1.693,96 € zuzüglich Gutachterkosten i.H.v. 182,61 € geltend. Mit Schreiben vom 11.06.2013 wies die Beklagte der Klägerin darauf hin, dass aus dem am 10.05.2011 eingereichten Heil- und Kostenplan hervorgehe, dass eine Direktabrechnung i.H.v. 4.418,64 € erfolgt sei. Eine Abrechnung über die Beklagte sei nicht erfolgt, so dass die Klägerin den Rückforderungsantrag direkt an den Zahnarzt stellen müsse. Der Vertragszahnarzt sei über das Schreiben der Klägerin vom 27.05.2013 informiert wurden. Mit Schreiben vom 5.08.2013 machte die Klägerin nunmehr eine Rückforderung i.H.v. 2.763,40 € zuzüglich Gutachterkosten i.H.v. 279,24 € geltend. Aufgrund eines nachträglich eingereichten Röntgenbildes der Brücke 43-47 sei eine Nachbegutachtung nach Aktenlage veranlasst worden. Aus diesem Nachgutachten gehe hervor, dass auch diese Brücke mängelbehaftet und eine Neuanfertigung unumgänglich sei. Unter dem 27.08.2013 verwies die Beklagte auf ihr Schreiben vom 11.06.2013.
Gegen die Schreiben vom 11.06.2013 und 27.08.2013 legte die Klägerin Widerspruch ein. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes müsse die Klägerin auch bei einer andersartigen Versorgung über den Antrag auf Rückforderung des Festzuschusses wegen mangelhafter Zahnersatzversorgung entscheiden. Die andersartige Versorgung (hier die prothetische Leistung) sei Teil der vertragszahnärztlichen Versorgung. Auch wenn die Zahlung des Festzuschusses direkt gegenüber der Versicherten erfolge, seien die entsprechenden Behandlungen gleichwohl Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung und der von ihr gestellte Antrag auf Rückforderung des Festzuschusses sei von der Beklagten zu bearbeiten, da sie zuständig für die Festsetzung eines Schadensersatzes gegen den Vertragszahnarzt wegen mangelhafter Zahnersatzversorgung sei. Die Mangelhaftigkeit der Versorgung sei durch die Gutachten vom 20.03.2013 und 29.07.2013 nachgewiesen. Eine Nachbesserung sei danach nicht möglich. Ein Obergutachten sei von dem Vertragszahnarzt nicht in Auftrag gegeben worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2014 (Ausfertigung vom 16.02.2015) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 28.04.2004 sei hier nicht einschlägig, da der Sachverhalt aus dem Jahre 1998 stamme und hier andere gesetzliche Grundlagen gegolten haben. Mit dem am 1.01.1997 in Kraft getretenen GKV-NOG sei das Sachleistungsprinzip beim Zahnersatz durch ein therapiebezogenes Festzuschusssystem mit Kostenerstattungsanspruch der Versicherten gegenüber ihrer Krankenkasse ersetzt worden. Ab dem 1.01.2004 sei das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV Modernisierungsgesetz) in Kraft getreten. Der Systemwechsel beinhalte eine Abkehr von der therapiebezogenen prozentualen Bezuschussung zu einer Bezuschussung mit befundorientierten Festzuschüssen. Das bedeute, dass Versicherte heute einen befundorientierten Festzuschuss erhalten, unabhängig davon, ob eine Regelversorgung, e...