Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Aufhebung einer Leistungsbewilligung. Anforderung an einen Aufhebungsbescheid bei mehreren wortgleichen Bewilligungsbescheiden. Verwaltungsaktsqualität eines wortidentischen späteren Bewilligungsbescheides

 

Orientierungssatz

Die bloße wörtliche Wiederholung des Verfügungssatzes eines früheren Sozialverwaltungsaktes in einem späteren Bescheid genügt nicht zur Annahme einer Verwaltungsaktsqualität des späteren Bescheides. Will die Sozialbehörde deshalb in dem Verwaltungsakt geregelte Leistungsansprüche aufheben und zurückfordern, genügt es nicht, lediglich den späteren Bescheid entsprechend aufzuheben.

 

Tenor

1. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 21. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2009 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte hat den Klägern die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.

3. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen eine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung des Beklagten bezüglich des Leistungszeitraums November 2008, die eine Gesamtforderung in Höhe von 73,32 Euro ausweist.

In dieser Höhe floss den Klägern im Oktober 2008 ein Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung ihrer Wohnung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2007 zu.

Mit Bewilligungsbescheid vom 10. September 2008 bewilligte der Beklagte unter anderem für den Monat November 2008 als Kosten für Unterkunft und Heizung auf der Grundlage des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) der Klägerin zu 1) 169,32 Euro, dem Kläger zu 2) 169,31 Euro und dem Kläger zu 3) 101,31 Euro. Eine gleich lautende Bewilligung in diesem Punkt enthalten die Änderungsbescheide des Beklagten vom 07. November 2008 und vom 09. Januar 2009. Am 27. März 2009 ging beim Beklagten die Betriebskostenabrechnung der Kläger für den Zeitraum Januar bis Dezember 2007 vom 22. September 2008 ein. Hieraus ergab sich ein Guthaben in Höhe von 73,32 Euro, welches den Klägern am 31. Oktober 2008 überwiesen wurde. Unter dem 30. März 2009 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, in dem er den Klägern kopfteilig für den Monat November 2008 um das Betriebskostenguthaben verringerte Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligte. Unter demselben Datum hörte er die Klägerin zu 1) zu einer entsprechenden Überzahlung im Monat November 2008 an. Unter dem 21. April 2009 erließ der Beklagte folgenden Aufhebungs- und Erstattungsbescheid:

“Sehr geehrte Frau D,

die Entscheidung vom 09.01.2009 über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wird vom 01.11.2008 bis 30.11.2008 für Sie und Ihre Kinder M D (geb. xx.xx.2001), A D (geb. xx.xx.2006) teilweise in Höhe von 73,32 Euro aufgehoben. Näheres entnehmen Sie bitte dem Änderungsbescheid zum Bezug von Arbeitslosengeld II.„

Es folgt eine nach den Klägern gesonderte Aufstellung der aufgehobenen bzw. zurück geforderten Leistungen, jeweils bezogen auf den Erstattungszeitraum November 2008, wobei bei der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) als von der Rückforderung betroffene Leistungsart Leistungen für Unterkunft und Heizung benannt sind, bei dem Kläger zu 2) das Sozialgeld. Zur Begründung bezog sich der Beklagte auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und nahm Bezug auf die Anrechnung des Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung 2007. Den hiergegen am 19. Mai 2009 eingelegten Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06. August 2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung bezog er sich auf die angegriffene Verwaltungsentscheidung und führte überdies aus, ein Abzug der Warmwasserpauschale von dem Guthaben sei nicht gerechtfertigt, da dieser Anteil schon im Rahmen der Regelleistung Berücksichtigung gefunden habe.

Die Kläger haben am 04. September 2009 Klage erhoben. Sie machen insbesondere geltend, dass der für die Warmwasserbereitung von den Heizkosten bereits abgezogene Betrag in Höhe von insgesamt 127,26 Euro im Jahr 2007 von dem Betriebskostenguthaben abgezogen werden müsse. Ein anrechenbares Guthaben verbleibe danach nicht.

Sie beantragen,

den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält den angegriffenen Bescheid für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten zur BG-Nr. (3 Bände) verwiesen, die - soweit maßgeblich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die angegriffene Verwaltungsentscheidung ist rechtswidrig und beschwert daher die Kläger (vgl. § 54 Abs. 1, 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Zwar kann der Zufluss eines Betriebskostenguthabens gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X modifiziert durch die Bestimmungen des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II in der zum s...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge