Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Arbeitgeberzuschüssen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Privatrechtssubjekt. Kondiktionsrecht. Entreicherung. Vorteilsabschöpfung
Orientierungssatz
1. Bei der Rückforderung überzahlter Beitragszuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung stehen sich Arbeitgeber und Versicherter als Privatrechtssubjekte gegenüber. Da keine Verwaltungsbehörde, insbesondere kein Versicherungsträger oder eine sonstige Einrichtung der öffentlichen Hand um die Rückzahlung einer ohne Rechtsgrund erbrachten Leistung miteinander streiten, kann direkt auf das Kondiktionsrecht der §§ 812 ff BGB einschließlich der §§ 818 Abs 3, 819 BGB über die Entreicherung abgestellt werden. Eines Rückgriffs auf das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bedarf es nicht (vgl LSG Darmstadt vom 30.10.2014 - L 8 KR 379/11= Juris RdNr 29).
2. Im Rahmen des § 818 Abs 3 BGB findet nur eine Abschöpfung erlangter Vorteile statt. Es ist gegenüberzustellen und zu saldieren, wie sich die Vermögenssituation des Versicherten infolge der rechtsgrundlosen Erlangung der von dem Arbeitgeber gezahlten Beitragszuschüsse im Hinblick auf den Versicherungsschutz für Krankheit und Pflege durch Privatversicherung entwickelt hat und wie sich dessen Vermögenssituation bei einem regelmäßigen gesetzesgemäßen Verlauf mit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung dargestellt hätte. Ergibt dieser Vergleich eine Besserstellung des Versicherten, so kann er sich nicht auf Entreicherung berufen.
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.308,48 Euro zu bezahlen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin beansprucht von dem Beklagten die Rückerstattung von Arbeitgeberzuschüssen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Beklagten.
Die Klägerin betreibt seit dem 01.07.2015 eine allgemeinärztliche, hausärztliche Gemeinschaftspraxis in A-Stadt. Davor wurde die Gemeinschaftspraxis der Klägerin als Einzelpraxis des Gesellschafters der Klägerin, Herrn Dr. L., betrieben. Der Beklagte war in der Zeit vom 01.07.2014 bis einschließlich 30.06.2016 als Weiterbildungsassistent zunächst in der Einzelpraxis und ab dem 01.07.2015 in der Gemeinschaftspraxis beschäftigt.
In dieser Zeit gewährte die Klägerin dem Beklagten einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von insgesamt 4.077,96 Euro zur privaten Krankenversicherung und einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von insgesamt 230,52 Euro zur privaten Pflegeversicherung. Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung wurden nicht entrichtet, da der Versicherungsschutz des Beklagten durch ein privates Versicherungsunternehmen sichergestellt war und nach Auffassung des ehemaligen Steuerberaters der Klägerin bei dem Beklagten die Voraussetzungen für die Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V vorlagen.
Mit Bescheid vom 19.06.2016 stellte die AOK Bayern die Versicherungspflicht des Beklagten in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung fest und verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2017 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin entrichtete daraufhin die auf den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2016 entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung des Beklagten nach.
Mit Schreiben vom 10.02.2017 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beklagten auf, die an diesen geleisteten streitgegenständlichen Arbeitgeberzuschüsse in Höhe von insgesamt 4.308,48 Euro zurückzuzahlen. Diese seien ohne Rechtsgrund geleistet worden. Mit Schreiben vom 15.02.2017 lehnte der Beklagte die Zahlung ab.
Daraufhin erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Regensburg am 28.03.2017. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Beklagte habe die von ihr entrichteten Arbeitgeberzuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung rechtsgrundlos erhalten, da der Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf die Arbeitgeberzuschüsse gehabt habe. Der Beklagte habe nach Feststellung der AOK vom 19.07.2016 mit seinem Gehalt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschritten, sodass kein Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung eines Zuschusses zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung bestanden habe. Eine Ausfertigung des vormals abgeschlossenen Arbeitsvertrages liege der Klägerin nicht mehr vor. Ausweislich des Bescheides der AOK vom 19.07.2016 habe der Beklagte von diesem einen Abdruck erhalten. Auf Entreicherung könne der Beklagte sich nach den vom Landessozialgericht Hessen aufgestellten Grundsätzen im Urteil vom 30.10.2014 (Az. L 8 KR 379/11) nicht berufen.
Auf Nachfrage des Gerichts hat der Beklagte mitgeteilt, seine private Kranken- und Pflegeversicherung habe seit dem Jahr 2006 bestanden. Bei rückwirkender Aufhebung des privaten Versicherungsverhältnisses müsse er zur Aufrechterhaltung einer Anwartschaft 3.437,82 Euro für die Kran...