Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsanspruch des Krankenhauses unter Berücksichtigung einer Fallzusammenführung - einheitliche Abrechnung mehrerer zeitlich getrennter Klinikaufenthalte
Orientierungssatz
1. Bei der Vergütung des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten ist eine Fallzusammenführung in anderen als den vertraglich oder gesetzlich bestimmten Fällen insbesondere aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zulässig.
2. Bei der Prüfung von Krankenhausabrechnungen ist den Krankenkassen eine Berufung auf das Erfordernis einer Fallzusammenführung, d. h. einer einheitlichen Abrechnung mehrerer zeitlich getrennter Klinikaufenthalte, ausgeschlossen, wenn eine solche nicht gesetzlich oder vertraglich bestimmt ist. Die Berufung auf das Wirtschaftlichkeitsgebot allein genügt insoweit nicht.
3. Ob ein Patient beurlaubt oder entlassen wird, entscheidet im Einzelfall das Krankenhaus unter Mitwirkung des Patienten.
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.169,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 12.10.2019 zu bezahlen.
II. Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin - im Hinblick auf die Teilrücknahme - 80 % und die Beklagte 20 % zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin, ein selbständiges Kommunalunternehmen in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts, betreibt das Klinikum A, ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus. Die bei der Beklagten versicherte E. wurde dort vom 23.04.2019 bis 24.04.2019 und vom 03.05.2019 bis 06.05.2019 stationär behandelt.
Im Rahmen des ersten Klinikaufenthalts erhielt die Versicherte den OP-Termin für eine laparoskopische Adnektomie am 03.05.2019, die dann während des zweiten Aufenthalts durchgeführt wurde.
Die Klägerin stellte der Beklagten für den ersten Aufenthalt 1.189,86 Euro und für den zweiten Aufenthalt 6.667,25 Euro in Rechnung, insgesamt also 7.857,11 Euro. Die Beklagte beglich die Rechnungen und beauftragte den MDK mit einer Prüfung.
Der MDK erstellte am 01.08.2019 zwei Gutachten. Er kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem zweiten Aufenthalt um keine Wiederaufnahme auf Grund einer Komplikation innerhalb der oberen Grenzverweildauer gehandelt habe. Es bestehe ein medizinischer Zusammenhang zwischen beiden Fällen.
Die Beklagte teilte der Klägerin am 06.08.2019 mit, sie schließe sich der Auffassung des MDK an. Der streitige Betrag belaufe sich auf 1.161,86 Euro; unstreitig blieben 6.695,25 Euro. Nachdem die Klägerin darauf nicht reagiert hatte, kürzte die Beklagte am 12.10.2019 zwei unstreitige Rechnungen im Wege der Aufrechnung um insgesamt 6.667,25 Euro.
Am 16.12.2019 hat die Klägerin beim Sozialgericht Regensburg (SG) Klage auf Zahlung von 5.457,39 Euro erhoben. Unabhängig von der Frage, ob im vorliegenden Fall ein medizinischer Zusammenhang bestehe oder nicht, sei eine Fallzusammenführung gemäß der Fallpauschalenvereinbarung 2019 ausgeschlossen. Dort sei in § 2 Abs.1 Satz 2 und § 2 Abs. 2 Satz 1 (gemeint wohl: Satz 2) FPV 2019 geregelt, dass eine Fallzusammenführung nicht vorgenommen werde, wenn einer der Krankenhausaufenthalte mit einer Fallpauschale abgerechnet worden sei, die bei Versorgung in einer Hauptabteilung in Spalte 13 oder bei belegärztlicher Versorgung in Spalte 15 des Fallpauschalen-Kataloges gekennzeichnet sei. Der erste Aufenthalt vom 23.04.2019 bis zum 24.04.2019 sei mit der Fallpauschale N60B (bösartige Neubildung der weiblichen Geschlechtsorgane, ein Belegungstag oder Alter über 18 Jahre, ohne äußerst schwere CC) abgerechnet worden. Diese Fallpauschale sei im Fallpauschalenkatalog 2019 in Spalte 13 gekennzeichnet. Der zweite Aufenthalt vom 03.05.2019 bis zum 06.05.2019 sei mit der Fallpauschale N02C (Eingriffe an Uterus und Adnexen oder bestimmten Hernien und große operative Eingriffe an Vagina, Cervix und Vulva bei bösartiger Neubildung, ohne äußerst schwere CC, mit mäßig komplexem Eingriff) abgerechnet worden. Diese Fallpauschale sei nicht in Spalte 13 gekennzeichnet. Da mithin der erste Aufenthalt einer Fallpauschale unterfalle, welche in Spalte 13 gekennzeichnet sei, seien die beiden Fälle von einer Fallzusammenführung gemäß der Fallpauschalenvereinbarung 2019 ausgeschlossen. Dies bestätige auch das Urteil des LSG Sachsen vom 13.02.2019 (L 1 KR 315/14).
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, bei durchgängiger Behandlung hätten die Behandlungskosten 6.647,25 Euro betragen. Durch die Splittung des Aufenthaltes seien Mehrkosten in Höhe von 1.189,86 Euro entstanden. Die wirtschaftlichste Behandlungsform wäre gewesen, die Versicherte nicht zu entlassen, sondern allenfalls zu beurlauben (§ 1 Abs. 7 Satz 5 FPV 2019). Zu beachten seien in diesem Zusammenhang die Urteile des BSG vom 28.03.2017 (B 1 KR 29/16 R) und vom 19.11.2019 (B 1 KR 6/19 R). Bei der Fallzusammenführung gehe es nicht um die Problematik des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FPV, sondern um ei...