Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenübernahme einer künstlichen Befruchtung (hier: intrazytoplasmatischer Spermieninjektion. ICSI). privat versicherter Ehemann
Orientierungssatz
Nicht die Krankheit, sondern die Unfähigkeit des Paares, auf natürlichem Weg Kinder zu zeugen und die daraus resultierende Notwendigkeit einer künstlichen Befruchtung bildet den Versicherungsfall (vgl BSG vom 3.4.2001 - B 1 KR 22/00 R = BSGE 88, 51 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2). Daraus ergibt sich, dass auch der gesunde Ehegatte gegen seine Krankenkasse einen Anspruch auf künstliche Befruchtung erwerben kann, obwohl bei ihm keine behandlungsbedürftige Störung besteht und ein entsprechender Versicherungsfall der Krankheit nicht eingetreten ist. Das gilt auch dann, wenn nur der eine Ehegatte Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse und der andere privat versichert ist.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte die Kosten für die Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) zu tragen hat, die "an" der Klägerin und außerhalb des Körpers durchgeführt wurden (In-vitro-Fertilisation = IVF).
Die genannte Technik der extrakorporalen Befruchtung wird im Wesentlichen bei Ehepaaren angewandt, die infolge einer Fertilitätsstörung des Mannes auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen können. In solchen Fällen genügt es in der Regel nicht, Samen- und Eizellen zur spontanen Verschmelzung im Reagenzglas zusammenzubringen (IVF). Vielmehr muss ein einzelnes Spermium mit Hilfe einer mikroskopisch dünnen Nadel unmittelbar in die Eizelle injiziert werden. Die übrigen Einzelschritte des Verfahrens bestehen ebenso wie bei der IVF darin, durch Hormonbehandlung der Frau mehrere Eizellen verfügbar zu machen, dem Körper zu entnehmen und nach dem Befruchtungsvorgang als Embryo wieder in den Körper zu übertragen (sogenannter Embryonentransfer). Eine ICSI-Behandlung zerfällt also in drei Komplexe: Die Maßnahmen "am" Mann, die Maßnahmen "an" der Frau und die extrakorporale Befruchtung außerhalb der Körper.
Die 1970 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert, ihr Ehemann ist privat krankenversichert.
Mit Fax vom 11.10.2002 beantragte sie sinngemäß die Kostenübernahme einer ICSI-Behandlung für die "an" ihr durchzuführenden Maßnahmen und für die IVF, mündlich teilte sie der Beklagten mit, die Ursache für die eheliche Sterilität liege allein beim Ehemann. Vorgelegt wurde ein Schreiben des privaten Krankenversicherers des Ehemanns vom 26.09.2002, mit dem eine Kostenzusage für vier ICSI-Versuche erteilt wurde, jedoch lediglich für die "am" Ehemann durchzuführenden Behandlungsschritte, abgelehnt wurde ausdrücklich eine Kostenübernahme für die IVF und die Hormonbehandlung der Klägerin.
Mit Schreiben vom 14.10.2002 an den Privatversicherer des Ehemanns der Klägerin stellte die Beklagte fest, dass nach der Rechtsprechung des BSG in den Fällen, in denen der Ehemann privat versichert sei und er sich gegen das Risiko der ungewollten Kinderlosigkeit versichert habe, dessen Versicherung die Gesamtkosten für die künstliche Befruchtung nach der ICSI-Methode zu übernehmen habe, wenn die Ursächlichkeit für die Sterilität bei ihm liege, da der Ehemann der Klägerin aus der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten ausgetreten sei und Mitglied einer privaten Krankenversicherung geworden sei, habe die Privatversicherung die Gesamtkosten der ICSI-Behandlung zu übernehmen.
Der Ehemann der Klägerin teilte der Beklagten telefonisch mit, die private Krankenversicherung übernehme nicht die Maßnahmen für die IVF und die Behandlung der Ehefrau.
Die Klägerin selbst legte am 18.10.2002 gegen das ihr zugegangene Schreiben der Beklagten vom 14.10.2002 Widerspruch ein, sie bezog sich zur Begründung auf die von der Beklagten genannten Entscheidungen des BSG, mit einem Schreiben vom 23.10.2002 beantragte sie Kostenerstattung für die durchgeführte ICSI-Behandlung.
Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) kam in einer Stellungnahme nach Aktenlage vom 19.02.2003 zum Ergebnis, gemäß den Richtlinien des Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen für künstliche Befruchtung bestehe im Falle der Klägerin eine medizinische Indikation zur Durchführung der ICSI.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2003 wies die Beklagte den Rechtsbehelf als unbegründet zurück, wiederum mit der Begründung in den Fällen, in denen der privat versicherte Ehemann einer gesetzlich Krankenversicherten ursächlich für die eheliche Sterilität sei, habe die private Krankenversicherung des Ehemannes die Kosten der ICSI in vollem Umfang zu zahlen.
Hiergegen erhob die Bevollmächtigte am 12.06.2003 Klage mit der Begründung, entsprechend der Rechtsprechung des BSG habe die Beklagte die Kosten der IVF und die Hormonbehandlung der Klägerin auch in dem Fall zu zahlen, wenn die Ursache für die Kinderlosigkeit allein beim pr...