Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Anhaltspunkte für eheähnliche Gemeinschaft. einstweiliger Rechtsschutz. Leistungen für vergangene Zeiträume

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft setzt eine tatsächlich gelebte Partnerschaft voraus. Hieran fehlt es, wenn sich einer der Partner infolge einer Demenzerkrankung in einem Pflegeheim befindet und der andere Partner jede Unterstützung verweigert.

2. Im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz kann nur dann eine vor der Antragstellung liegende Verpflichtung des Antragsgegners erfolgen, wenn der finanzielle Ausgleich für die Vergangenheit zur Beseitigung einer aktuellen Notlage notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn ein Pflegeheim die Verlängerung des Heimvertrages von der Übernahme der bisher angefallenen Kosten abhängig macht.

 

Tenor

1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig ab 21. März 2006 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 30. April 2007, Leistungen der Hilfe zur Pflege in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

2. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Kostenübernahme der nicht durch das Renteneinkommen gedeckten Heimpflegekosten im Rahmen der Hilfe zur Pflege

Die ... geborene Antragstellerin befindet sich seit dem 21.03.2006 in vollstationärer Dauerpflege im Alten- und Pflegeheim ...

Die Antragstellerin lebte seit dem ... mit Herrn ... (künftig N.) in einem gemeinsamen Haushalt in ... Der N. ist Eigentümer des gemeinsam bewohnten Hauses. Am ... wurde zu Gunsten der Antragstellerin eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit in Form eines Wohnungsrechts eingetragen (Bl. 33 der Verwaltungsakte).

Mit Antrag vom 05.01.2005 beantragte die Antragstellerin die Kostenübernahme der nicht durch das Renteneinkommen gedeckten Heimpflegekosten im Rahmen der Hilfe zur Pflege. Das Antragsformular wurde durch das Universitätsklinikum ... übersandt. Im Antrag und auch im Anschreiben wurde mitgeteilt, die Antragstellerin lebe mit N. in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft (Bl. 7 - 8 der Verwaltungsakte).

Seitens des Antragsgegners wurden hieraufhin Einkommens- und Vermögensnachweise des N. angefordert. N. erklärte hieraufhin mit Schreiben vom 13.01.2006 gegenüber dem Antragsgegner, dass die Antragstellerin nicht seine Lebenspartnerin sei (Bl. 18 der Verwaltungsakte). Auch von der Antragstellerin wurde schriftlich vorgetragen, dass zwischen ihr und N. keine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe. Zwar wohne man zusammen, es bestünden jedoch getrennte Schlafräume und jeder habe ein eigenes Konto, auf das der andere keinerlei Zugriff habe.

Mit Schreiben vom 15.03.2006 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin, unter Hinweis auf die Möglichkeit der Versagung von Leistungen, zur Mitwirkung auf. Angefordert wurden u.a. Einkommens- und Vermögensnachweise des N. (Bl. 21 der Verwaltungsakte).

Mit Schriftsatz vom 27.03.2006 teilte N. dem Antragsgegner erneut mit, dass er in keiner eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit der Antragstellerin lebe. Zwar bestehe seit 30 Jahren eine Haushaltsgemeinschaft. Es lägen jedoch keine derart engen emotionalen Bindungen vor, die über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgingen. Er verwende sein persönliches Einkommen ausschließlich zur Sicherstellung seines Lebensunterhaltes und zur Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse. Er fühle sich gegenüber der Antragstellerin nicht in dem Maße verantwortlich, als dass er sein Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes der Antragstellerin einsetzen würde (Bl. 41 der Verwaltungsakte).

In einer persönlichen Vorsprache am 28.04.2006 teilte der Pflegesohn der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner mit, die Antragstellerin und N. hätten sich vor ca. 30 Jahren kennen gelernt. Soweit es ihm bekannt sei, habe die Antragstellerin keinesfalls den Status “Haushälterin„ inne gehabt. Sie sei die Lebenspartnerin des N. Die beiden hätten zusammen gelebt. Die Antragstellerin habe für beide gekocht, sie hätten gemeinsam gegessen, es sei gemeinsam eingekauft worden und jeder habe das Geld für die Lebensmittel beigesteuert. Die Wäsche sei für beide gemeinsam erledigt worden. Die beiden seien gemeinsam in Urlaub gefahren und hätten wie ein Paar zusammengelebt. Die Antragstellerin habe N. die letzten zwei Jahre gepflegt, es habe eine emotionale Beziehung vorgelegen (Bl. 44 der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 26.05.2005 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung ab. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, es sei von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und N. auszugehen. Komme bei verheirateten Paaren ein Ehepartner auf Grund seines Krankheitszustandes in ein Pflegeheim, gelten die beiden trotz des getrennten Wohnens als nicht getrennt...

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