Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. zur Befreiung einer als Immobilienbewerterin beschäftigten Architektin von der Versicherungspflicht. berufsspezifische Architektentätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beurteilung, ob eine Tätigkeit dem Berufsbild des Architekten entspricht, richtet sich vorrangig nach berufsrechtlichen Maßgaben.
2. Die Möglichkeit, dass eine bestimmte Tätigkeit auch von Angehörigen anderer Berufsgruppen ausgeübt werden kann, steht ihrer Einstufung als berufsspezifische Architektentätigkeit nicht zwingend entgegen.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 22.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2014 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin ab dem 01.06.2013 hinsichtlich ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 2. als Immobilienbewerterin von der Rentenversicherungspflicht zu befreien.
3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Beigeladenen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Klägerin ist ausgebildete Architektin und bei der Beigeladenen zu 2. als Immobilienbewerterin angestellt.
Ausweislich ihres Befreiungsantrages vom 30.04.2013 zum 01.06.2013 sei sie bei der Beigeladenen zu 2. berufsspezifisch als Architektin beschäftigt und seit dem 01.03.2003 gesetzliches Pflichtmitglied in der Architektenkammer Baden-Württemberg und Pflichtmitglied bei der Beigeladenen zu 1. als berufsständischem Versorgungswerk.
Ausweislich einer hierzu vorgelegten Erklärung der Beigeladenen zu 1. sei die Klägerin ab dem 01.05.2003 kraft Gesetzes Mitglied des Versorgungswerkes.
Hierzu legte die Klägerin im Weiteren eine Kopie ihres Arbeitsvertrages, eine Kopie der diesbezüglichen Stellenausschreibung, eine Stellen- und Funktionsbeschreibung der Beigeladenen zu 2. und eine Bestätigung über die fortdauernde Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2. vor. Insoweit wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 22.10.2013 lehnte die Beklagte die Befreiung von der Versicherungspflicht ab, weil es sich bei der Beschäftigung als Immobiliengutachterin um keine berufsspezifische Tätigkeit als Architektin handele. Eine Befreiung könne nur für die Beschäftigung erfolgen, wegen der der Versicherte aufgrund Gesetzes Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe und Mitglied einer berufsständischen Kammer sei. Es müsse also ein innerer Zusammenhang zwischen der Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt werde, und dem Versicherungsschutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung bestehen. Ein solcher innerer Zusammenhang werde durch das Merkmal “berufsspezifisch„ gewährleistet. Architekten entwürfen Bauwerke und städtebauliche Anlagen vorwiegend im Bereich Hochbau, sie planten und überwachten die Ausführung des Baus. Bei der von der Klägerin ausgeübten Beschäftigung handle es sich um keine berufsspezifische Tätigkeit, weil für diese Tätigkeit die Zulassung als Architektin keine unabdingbare Zugangsvoraussetzung sei. Die für eine Immobiliengutachterin erforderlichen fachlichen Kenntnisse könnten durch diverse Ausbildungen und Berufserfahrung erworben werden. Wenn der Arbeitgeber sich dafür entscheide, die Stelle mit einer Architektin zu besetzen, so sei dies eine rein betriebswirtschaftliche Entscheidung.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin mit am 03.11.2013 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch. Zur Begründung legte sie ein Schreiben der Architektenkammer Baden-Württemberg vor, nach welchem sie als Architektin in die Architektenliste eingetragen sei. Daher gelte für sie das Architektengesetz. Zu diesen Berufsaufgaben gehöre u.a. die Erstattung von Fachgutachten. Die Erstellung von Gutachten beziehe sich auf typischerweise von Architekten erbrachte Bereiche, wie Gutachten für Schäden an Gebäuden, Wertermittlungen und zur Beurteilung von Architektenhonoraren. Die Klägerin habe Wertermittlungsgutachten zu erstellen. Dieser Bereich gehöre zu den Kernaufgaben der Architektentätigkeit. Unerheblich sei, dass bei der Ausschreibung neben dem Abschluss als Architekt auch ein Abschluss als Dipl. Ingenieur oder Bautechniker eine Voraussetzung darstellen konnte. Dies sei so zu verstehen, dass der Arbeitgeber für den Fall, dass sich keine Architekten auf die Stelle bewerben, hier auch andere Angehörige anderer Berufe einstellen könne. Dies sei aber mit einer Veränderung des Leistungsbildes verbunden.
Mit Bescheid vom 21.02.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die maßgebliche Tätigkeit als Immobiliengutachterin sei nicht als berufsspezifisch anzusehen. Als Nachweis, dass für die Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt werde, ein erfolgreich absolviertes Studium der Architektur zwingend erforderlich sei, könne auch die entsprechende Stellenausschreibung oder die interne Stellenbeschreibung dienen. Daraus müsse deutlich werden, dass es sich um eine Tätigkeit ha...