Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Pflichtversicherter. beitragspflichtige Einnahme. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Einkommensbegriff. Berücksichtigung der BVG-Grundrente bei der Beitragsbemessung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Eine nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) gezahlte Grundrente ist bei der Beitragsbemessung für freiwilliger Mitglieder zur Kranken- und Pflegeversicherung zu berücksichtigen. In § 82 Abs 1 S 1 SGB 12 wird ein Einkommensbegriff geregelt, der an die vorhandenen Einkünfte anknüpft und davon einzelne Ausnahmen macht. Eine solche Regelung enthält § 240 Abs 1 S 2 SGB 5 gerade nicht. Diese Norm nimmt allein auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bezug. Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Der Begriff der "gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" ist damit in Beziehung zu der Formulierung des § 82 Abs 1 S 1 SGB 12 "alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert" zu setzen. Zu diesen Einkünften gehört, wie sich aus der weiteren Formulierung des § 82 Abs 1 S 1 SGB 12 ergibt, auch die BVG-Grundrente.
2. Bei in der Krankenversicherung pflichtversicherten Mitgliedern sind Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) allgemein nicht beitragspflichtig (§§ 226ff SGB 5). In der nach wie vor bestehenden Ungleichbehandlung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten bei der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Krankenversicherung ist vor dem Hintergrund des Beschlusses des BVerfG vom 15.3.2000 - 1 BvL 16/96 = BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42 kein Verfassungsverstoß zusehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber ausdrücklich einen Gestaltungsspielraum zugebilligt. Der Zugang zur KVdR ist seit 1.4.2002 auf der Grundlage des Untätigbleibens des Gesetzgebers und der Bestimmung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 15.3.2000 erweitert. Damit ist der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts zur Behebung des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in vollem Umfang Rechnung getragen worden.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Beitragseinstufung zur freiwilligen Krankenversicherung ab dem 01.07.2004.
Der im Jahr 1923 geborene Kläger ist seit Januar 1982 freiwilliges Mitglied bei der Beklagten.
Mit Beitragsbescheid vom 24.06.2004 setzte die Beklagte die Beiträge ab 01.07.2004 fest. Sie legte der Beitragsbemessung ein Einkommen des Klägers aus Kapitalvermögen in Höhe von € 213,93, eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von € 1.214,82 und eine Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Höhe von € 439,00 zugrunde. Die Rente nach dem BVG setzt sich aus einer Grundrente in Höhe von € 299,00 und einem Berufsschadensausgleich zusammen. Für die Einkünfte aus Kapitalvermögen wandte die Beklagte einen Beitragssatz von 13,9 % für die übrigen Einkünfte von 14,9 % an. Daraus ermittelte sie einen Monatsbeitrag zur Krankenversicherung in Höhe von insgesamt € 276,16 und zur Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt € 31,75.
Am 27.07.2004 erhob der Kläger Widerspruch. Er wandte sich gegen die Berücksichtigung der Grundrente nach dem BVG. Diese stelle wie bisher eine beitragsfreie Rentenleistung dar. Er nahm Bezug auf Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 14.03.2002 und 07.05.2004. Ferner verwies er auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.09.2001 (B 12 KR 14/00 R). Die Grundrente sei nach wie vor eine zweckbestimmte Sozialleistung und zähle nicht zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt.
Nach Anhörung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2005 den Widerspruch zurück. Nach § 19 ihrer Satzung seien alle Einnahmen und Geldmittel beitragspflichtig, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten. Seit 01.01.2004 sei bei der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Die Grundrente sei auch als zweckgerichtete Rentenleistung beitragspflichtig. Die Rundschreiben der Spitzenverbände würden sich mit Regelungen zur Belastungsgrenze und zur Familienversicherung befassen. Andere Einkommensbegriffe würden dadurch nicht erfasst werden. Das vom Kläger herangezogenen BSG-Urteil stehe in keinem Zusammenhang.
Deswegen erhob der Kläger am 21.02.2005 Klage. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Er ergänzt, im Jahr 2004 sei keine Rechtsänderung eingetreten, die die Heranziehung der BVG-Grundrente rechtfertige. Diese Rente werde im Gesetz nicht als Versorgungsbezug bezeichnet. Versorgungsbezüge müssten einen Bezug zum Erwerbsleben haben. Deswegen dürfe nur der Berufsschadensausgleich einbezogen werden, da er an eine Erwerbstätigkeit anknüpfe. Auch im Steuer- und Sozialhilferecht gehöre die Grundrente nicht zum Einkommen.
Der Kläger beantragt,
der Bescheid der Beklagten vom 23.06....