Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Antragserfordernis. keine rückwirkende Bewilligung bei verspätetem Folgeantrag. Erlöschen der Wirkung des Erstantrages mit Ablauf des Bewilligungszeitraums
Leitsatz (amtlich)
1. Da es für die Hilfegewährung insbesondere auf die aktuelle Hilfebedürftigkeit und die aktuelle Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft ankommt, erlischt nach Ablauf des Bewilligungsabschnitts die Wirkung eines Erstantrags, so dass ein (neuer) Fortzahlungsantrag notwendig ist (entgegen SG Reutlingen vom 13.12.2007 - S 3 AS 3000/07).
2. Die Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe, wonach ein wirksam gestellter Antrag auf Arbeitslosenhilfe nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung nicht verliert (vgl zum AFG BSG vom 29.1.2001 - B 7 AL 16/00 R = BSGE 87, 262 = SozR 3-4300 § 196 Nr 1), kann auf die Rechtslage nach dem SGB 2 nicht entsprechend übertragen werden.
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten einerseits um die Höhe der für Januar bis Juni 2006 bewilligten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Weiterhin ist die Auszahlung bewilligter, aber nach Angaben der Kläger noch nicht ausgezahlter Leistungen für die Jahre 2005 und 2006 umstritten.
Der ... geborene Kläger 1 beantragte am 08.10.2004 erstmals für sich und seine ... geborene Ehefrau, die Klägerin 2, und den gemeinsamen Sohn ..., den Kläger 3, Leistungen nach dem SGB II. Diese wurden von der Beklagten für die Folgezeit antragsgemäß bewilligt.
Die Klägerin 2 ist seit 1981 bei der ... beschäftigt und bezieht aus dieser Beschäftigung ein ca. zwischen 1300 bis 1500 € schwankendes Nettoeinkommen.
Mit Bewilligungsbescheid vom 19.07.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.12.2005 in Höhe von 73,21 € monatlich.
Am 25.01.2006 beantragte der Kläger 1 die Fortzahlung der Leistung. Hieraufhin bewilligte die Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 20.03.2006 den Klägern Leistungen für die Zeit vom 25.01.2006 bis 30.06.2006. Im Einzelnen wurden folgende Leistungen monatlich bewilligt: 25.01.2006 bis 31.01.2006 - 38,41 €; 01.02.2006 bis 28.02.2006 - 31,74 €; 01.03.2006 bis 30.06.2006 - 24,60 €.
Hiergegen erhob der Kläger 1 am 09.04.2006 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, aus den vorgelegten Lohnbescheiden seiner Frau für Januar, Februar und März solle ein Durchschnittswert gebildet werden. 49 € seien aus dem Jahr 2005 noch nicht ausbezahlt. Auch für Januar und Februar 2006 habe er noch kein Geld erhalten. Die Leistungen im Monat Januar sollten für den ganzen Monat bewilligt werden und nicht erst ab 25.01.2006.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Löhne der Klägerin 2 würden sich bis zu 139 € monatlich unterscheiden. Daher sei das Risiko, dass es bei einer Berechnung mittels Durchschnittslohn zu einer Überzahlung komme zu groß. Der Aufwand einmal im Monat einen Lohnnachweis vorzulegen sei vertretbar. Im Hinblick auf den Fehlbetrag von 49 € aus Dezember 2005 sei zu sagen, dass sämtliche Ansprüche aus Dezember 2005 ausbezahlt worden seien. Wie dem Kläger bereits mehrfach erklärt worden sei, würden die Ansprüche nach dem SGB II monatlich im Voraus erbracht und zum Ersten eines Monats ausbezahlt. Zur Fortzahlung ab 25.01.2006 bestimme das SGB II, dass Leistungen auf Antrag erbracht würden. Weiterhin sei geregelt, dass Leistungen nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden könnten. Der Kläger habe erst am 25.01.2006 einen Fortzahlungsantrag gestellt. Ihm seien zu Recht erst ab 25.01.2006 Leistungen bewilligt worden. Dieser Widerspruchsbescheid beinhaltet keinen Absendevermerk und ist dem Kläger nach dessen eigenen Angaben am 19.05.2006 zugegangen.
Mit Anhörungsschreiben vom 17.05.2006 teilte die Beklagte dem Kläger 1 mit, sie habe im Wege des automatisierten Datenabgleichs erfahren, dass ein bisher nicht genanntes Einkommen im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma ... erzielt worden sei. Es wurde eine Aufhebung und Rückforderung bewilligter Leistungen angekündigt und dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit Schreiben vom 20.05.2006 teilte der Kläger 1 der Beklagten mit, nicht er, sondern die Klägerin 2 habe ein Arbeitsverhältnis bei der Firma ... gehabt.
Mit Schreiben vom 23.05.2006 informierte die Beklagte den Kläger 1 darüber, dass das Arbeitsverhältnis über seinen Namen laufe und es keine Rolle spiele, ob es tatsächlich von seiner Ehefrau ausgeübt werde. Maßgeblich sei, dass der Kläger 1 seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Weder im Antrag noch in den Folgenanträgen habe der Kläger 1 das Arbeitsverhältnis erwähnt.
Am 16.06.2006 erhob (ausschließlich) der Kläger 1 die vorliegende Klage gegen den Bescheid vom 20.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2006. Z...