Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Gewährung von häuslicher Krankenpflege in Form einer 24 Stunden Pflege. Zusammentreffen von häuslicher Krankenpflege nach dem SGB 5, Grundpflege nach dem SGB 11 und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB 12
Leitsatz (amtlich)
1. Häusliche Krankenpflege in Form einer 24 Stunden Pflege ist für den Zeitraum der Abwesenheit bzw Krankheit einer Pflegeperson zu gewähren, wenn aus medizinischen Gründen die 24stündige Betreuung durch eine Fachkraft notwendig ist, auch wenn die Voraussetzungen der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege für eine spezielle Krankenbeobachtung nicht vorliegen.
2. Beim Zusammentreffen von häuslicher Krankenpflege nach dem SGB V, Grundpflege nach dem SGB XI und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII muss eine zeit- und kostenmäßige Abgrenzung zwischen den Zuständigkeitsbereichen der Krankenkasse, der Pflegekasse und des SGB XII Trägers erfolgen.
Tenor
1. Die Beigeladene zu 1) wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet bis zur endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, die Antragstellerin von den Kosten für die Unterbringung in der Einrichtung der L. GmbH, H-Straße, C-Stadt ab dem 21.07.2015 freizustellen bzw. die Kosten für die häusliche Versorgung ab dem 05.11.2015 zu übernehmen, solange die Mutter der Antragstellerin nicht in dem erforderlichen Umfang die Pflege und Versorgung gewährleisten kann.
2. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1) tragen die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin jeweils zur Hälfte.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Rahmen einer einstweiligen Anordnung die Gewährung häuslicher Krankenpflege in Form einer 24-Stunden-Pflege für den Zeitraum der Abwesenheit bzw. Krankheit ihrer Mutter.
Die im Jahre 2001 geborene Antragstellerin wurde als Frühgeborene in der 24. Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht von 690g geboren. Sie hat einen Grad der Behinderung von 100 und verfügt über die Merkzeichen “G„, “B„, “H„ und “aG„ und hat die Pflegestufe II. Sie leidet an einer frühkindlichen Hirnschädigung, einer schweren bronchopulmonalen Dysplasie, dem Zustand nach Tracheotomie und Langzeitbeamtung, einer Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention, einem Kleinwuchs unter Wachstumshormontherapie und einer spastischer Zerebralparese. Die Antragstellerin leidet bei bronchopulmonaler Dysplasie unter rezidivierenden Infekten der oberen Luftwege und wird durch ihre Mutter gepflegt. Regelmäßige Sauerstoffgaben in der Nacht und tagsüber bei Bedarf, insbesondere bei körperlicher oder emotionaler Belastung, sind notwendig. Im Rahmen von akuten Infekten kann es z.T. innerhalb einer Stunde zu einer respiratorischen Verschlechterung kommen. Die Antragstellerin hat einen erhöhten Grundumsatz, so dass sie in Krisensituationen schnell mit ihrem BMI unter 15 kg/m² fällt und eine dauerhafte hochkalorische aber aufgrund der Niereninsuffizienz eiweißarme Ernährung benötigt. Bei fortbestehenden Essstörungen mit Gewichtsverlust erfolgte im Jahre 2009 eine PEG Sondenanlage. Es besteht eine mittlere Schwerhörigkeit und eine Sehbehinderung, die mit einer Brille kompensiert wird.
Die Mutter der Antragstellerin ist seit dem 03.07.2015 arbeitsunfähig geschrieben. Sie wurde am 16.07.2015 wegen einer Rotatorenmanschettenläsion rechts, Impingementsyndrom und Tendinitis calcarea re SG ambulant operiert (OP-Bericht Bl. 71 GA). Die letzte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reicht aktuell bis zum 04.01.2016. Die Mutter sieht sich seitdem aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ihre Tochter zu versorgen. Die Antragstellerin wurde daher im Zeitraum vom 16.07.2015 bis 05.11.2015 vom Intensivpflegedienst L. GmbH (H-Straße, C-Stadt) in den Räumlichkeiten der Pflegeeinrichtung versorgt. Seit 06.11.2015 befindet sich die Antragstellerin wieder zu Hause. Die Mutter der Antragstellerin klagt weiter über Schmerzen im Schulterbereich und hat eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme beantragt. Sie wird in der Häuslichkeit weiter vom Intensivpflegedienst unterstützt.
Mit Verordnungen vom 14.07.2015 für den Zeitraum 16.07.2015 bis 11.08.2015, vom 27.07.2015 für den Zeitraum 27.07.2015 bis 15.09.2015, vom 16.09.2015 für den Zeitraum 16.09.2015 bis 31.10.2015, vom 01.11.2015 für den Zeitraum vom 01.11.2015 bis 16.11.2015 und vom 17.11.2015 für den Zeitraum vom 17.11.2015 bis 31.12.2015 verordnete die behandelnde Kinderärztin Frau Dr. med N. die spezialisierte Krankenbeobachtung durch examiniertes Fachpersonal mit ständiger Kriseninterventionsbereitschaft, Sauerstoffgabe 1 l/min nachts und bei Bedarf lt. AVO, stdl. Vitalzeichenkontrolle, Inhalation, Medikamentengabe und PEG-pfl. lt. AVO. Der Pflegedienst beantragte die Übernahme der Kosten. Die Antragsgegnerin teilte dem Pflegedienst im Schreiben vom 20.07.2015 mit, dass die Antragstellerin nach ihren Unterlagen keinen Anspruch auf intensivpflegerische Versorgung habe und beauf...