Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Grenzen des Rechtsschutzes gegen einen Änderungsbescheid. Neufestsetzung der Unterkunftskosten als zulässiges Rechtsschutzziel bei einem Änderungsbescheid über die Anrechnung von Einkommen

 

Orientierungssatz

Ein Bescheid zur Änderung eines Leistungsbescheides über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (hier: Änderung der Einkommensanrechnung) kann nur dann nachträglich bezüglich der Kosten der Unterkunft geändert werden, wenn in diesem Änderungsbescheid selbst auch schon Regelungen hinsichtlich der Unterkunftskosten getroffen worden sind. Insoweit kann auch eine Anfechtung des Änderungsbescheides zulässig nur dann mit dem Ziel verfolgt werden, eine Änderung der zuerkannten Leistungen für die Unterkunftskosten zu erreichen, wenn bereits der Änderungsbescheid zu den Unterkunftskosten Regelungen trifft.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Beklagte trägt 2/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten noch die von der Klägerin begehrte Berücksichtigung höherer Kosten der Unterkunft für den Monat Dezember 2007.

Die Klägerin steht seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sie lebt in einer 53,71 m2 großen 2 1/2-Zimmerwohnung in P. Die Bruttokaltmiete beträgt ab dem 01.03.2006 monatlich 273,41 € zuzüglich Betriebskosten i.H.v. 76,00 € und Heizkosten i.H.v. 59,00 €. Seit dem 01.09.2006 übt die Klägerin eine Aushilfstätigkeit im Schuhhaus H., S., aus. Mit Schreiben vom 28.09.2006 wies der Beklagte die Klägerin auf die nach seiner Ansicht angemessenen Unterkunftskosten hin. Ab dem 01.04.2007 berücksichtigte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 06.03.2007 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2007 die aus seiner Sicht angemessene Mietobergrenze; die dagegen beim Sozialgericht Schleswig erhobene Klage, S 3 AS 1023/07 war erfolgreich (Anerkenntnis vom 29.10.2010).

Mit Bescheid vom 24.07.2007 bewilligte der Beklagte Leistungen der Grundsicherung vom 01.09.2007 bis zum 29.02.2008 unter Zugrundelegung eines fiktiven Nettoeinkommens von 400,00 € und der aus seiner Sicht angemessenen Unterkunftskosten i.H.v. 318,10 €. Mit Änderungsbescheiden vom 01.11.2007 und vom 28.12.2007 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Monate September bis November 2007 im Hinblick auf die nachgewiesenen Einkünfte zugunsten der Klägerin.

Mit Änderungsbescheid vom 29.01.2007 berücksichtigte der Beklagte die tatsächlich für den Monat Dezember 2007 erzielten Einkünfte. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 29.01.2007 gewährte der Beklagte für die Monate Januar bis Februar 2007 höhere Unterkunftskosten unter Hinweis auf die ab dem 01.01.2008 geltende Unterkunftsrichtlinie im Kreis P. Die Änderungsbescheide enthalten jeweils den Hinweis, dass die in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen insoweit aufgehoben werden. Der gegen die Änderungsbescheide vom 29.01.2008 eingelegte Widerspruch vom 03.03.2008, eingegangen am 05.03.2008 wurde trotz Aufforderung des Beklagten nicht begründet. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 12.03.2008 berücksichtigte der Beklagte die tatsächlich erzielten Einkünfte für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 29.02.2008. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2008 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Änderungsbescheide vom 29.01.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.03.2008 zurück.

Mit der dagegen am 16.06.2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, die Berücksichtigung höherer angemessener Kosten der Unterkunft weiter.

Mit Schriftsatz vom 28.05.2011 erkannte der Beklagte für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 29.02.2008 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich der Warmwasserpauschale in Höhe von monatlich 403,41 € an und erklärte sich zur Zahlung der monatlichen Differenz von 34,91 € bereit. Das Teilanerkenntnis nahm die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 31.05.2008 an.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Änderungsbescheid vom 29.01.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Dezember 2007 Leistungen unter Berücksichtigung der angemessenen Kosten der Unterkunft zu gewähren, und

die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt der Beklagte aus, dass die Klage insoweit unzulässig sei. Änderungsbescheide könnten stets nur insoweit angefochten werden, als die Änderung reiche, so dass sie nur in Bezug auf ihren eigenständigen Regelungsgehalt angegriffen werden könnten. Soweit sie gegenüber dem Ausgangsbescheid keine weitere Beschwer beinhalten, fehle es an einer angreifbaren Regelung. Der Änderungsbescheid für den Monat Dezember 2007 enthalte als alleinige Regelung eine Einkommensanrechnung. Die im Klagverfahren gerügten Kosten der Unterkunft seien nicht Ge...

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