Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderversorgung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei. ehemalige DDR. Berücksichtigung von Verpflegungsgeld als Arbeitsentgelt

 

Orientierungssatz

1. Das an Angehörige der Deutschen Volkspolizei der DDR gezahlte Verpflegungsgeld ist nicht als Arbeitsentgelt nach dem AAÜG festzustellen.

2. Für die Bewertung, ob es sich um Arbeitsentgelt iSv § 6 Abs 1 AAÜG handelt, ist der Arbeitsentgeltbegriff iSv § 14 SGB 4 iVm § 1 ArEV und § 19 Abs 1 Nr 1 EStG zum Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahme maßgeblich (entgegen BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 4).

3. Entsprechend ist nicht maßgebend, dass ein möglicherweise gezahltes Verpflegungsgeld nach der Rechtslage ab 1.8.1991 und bei tatsächlichem Zufluss ab diesem Zeitpunkt steuerpflichtig wäre und damit Arbeitsentgelt ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.07.2015; Aktenzeichen B 5 RS 9/14 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die vom Kläger begehrte Feststellung von Verpflegungsgeld als weiteres Arbeitsentgelt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) für den Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzuges (VSO-VP) eingeführt mit Wirkung vom 1. Januar 1953 entsprechend Nr. 2 der Anlage 2 zum § 1 Abs. 2 AAÜG.

Der 1952 geborene Kläger war seit 29. August 1969 Angehöriger der Deutschen Volkspolizei und im Anschluss daran im Polizeidienst der Beklagten tätig. Seit dem 29. August 1969 bis 31. Dezember 1991 gehörte er der VSO-VP an.

Mit Bescheid vom 19. Januar 2001 stellte der Beklagte die Zeit vom 29. August 1969 bis 31. Dezember 1991 als Zeit der Zugehörigkeit zur VSO-VP sowie die in diesem Zeitraum erzielten tatsächlichen Arbeitsentgelte fest.

Unter dem 22. Dezember 2008 beantragte der Kläger die Überprüfung dieses Bescheides mit dem Hinweis darauf, dass nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gezahlte Verpflegungsgelder bei der Feststellung der erzielten Entgelte zu berücksichtigen sind. Unter dem 5. Januar 2009 bestätigte der Beklagte den Eingang des Antrages auf Überprüfung der Entgeltbescheinigung und nahm eine Überprüfung der Entgeltbescheinigung vor.

Mit Bescheid vom 26. März 2009 lehnte der Beklagte den Antrag auf Neufeststellung ab.

Der Antrag auf Neufeststellung sei ein Antrag nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) - Verwaltungsverfahren --10. Buch (SGB X). Danach sei ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich ergebe, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweist und deshalb insoweit Sozialleistung zu Unrecht nicht erbracht worden oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden seien. Diese Voraussetzungen würden nicht vorliegen. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, das Zulagen, wie z.B. das Verpflegungsgeld bei der Feststellung der von ihm während der Zugehörigkeit zum VSO-NDI der DDR erzielten Arbeitsentgelte zu berücksichtigen sei. Insgesamt würden nur solche Arbeitsentgelte i.S.v. §§ 6 und 8 des AAÜG in Betracht kommen, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt worden seien. Zulagen sowie das Verpflegungs- und Bekleidungsgeld seien pauschale Zahlungen gewesen, die weder sozialversicherungspflichtig waren und auch nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Entlohnung nach Dienstgrad und Dienststellung standen.

Hiergegen erhob der Kläger unter dem 15. April 2009 Widerspruch, mit der er sich gegen die Ablehnung der Neufeststellung wandte und eine Neufeststellung des “Bruttoverdienstes" begehrte.

Nach Mitteilung der rechtlichen Auffassung des Beklagten unter dem 27. April 2009, wo-nach das Urteil des BSG vom 23. August 2007 (Az. B 4 RS 4106) lediglich die Zahlung von Jahresendprämien, die der Kläger tatsächlich nicht erhalten habe, regele, sei dies auch nicht die einzige Grundlage auf der die Entgelte i.S.d. § 8 AAÜG festzustellen seien.

In Folge dessen erklärte sich der Kläger bereit, sein Widerspruchsverfahren ruhen zu lassen (Erklärung vom 23. Mai 2009 - BI. 17 der VA -).

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 (Eingang) erklärte der Kläger, das Verfahren sollte fortgeführt werden, da das Verpflegungsgeld ausgehend von dem Urteil des BSG vom 23. August 2007 Entgelt darstelle.

Nach dem AAÜG vom 1. August 1991 seien Arbeitsentgelte alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Ein-nahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt wurden.

Der Kläger bat insofern um Bescheidung seines Widerspruchs.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zu-rück....

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