Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung. Geltung der Preisvorschriften des AMG 1976 nach Beitritt einer niederländischen Apotheke. keine Bruttopreisvereinbarung über den Abgabepreis. Abzug der Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Der Beitritt einer im EU-Ausland (hier: Niederlande) ansässigen Apotheke zu dem zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband eV gemäß § 129 Abs 2 SGB V geschlossenen Rahmenvertrag nach § 2b Abs 2 des Rahmenvertrages hat die Geltung der Preisvorschriften nach § 78 AMG (juris: AMG 1976) iVm der AMPreisV zur Folge.
2. Ein solcher Beitritt stellt keine Bruttopreisvereinbarung über den Abgabepreis für Arzneimittel zwischen Krankenkasse und Apotheke dar. Vielmehr handelt es sich um einen gesetzlichen, durch Vertrag lediglich näher ausgestalteten Vergütungsanspruch der Apotheke gegen die Krankenkasse, wenn die Abgabe eines Arzneimittels aufgrund vertragsärztlicher Verordnung als Sachleistung der Gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt.
3. Schuldet eine im EU-Ausland ansässige Apotheke für die durch eine innergemeinschaftliche Lieferung an eine gesetzliche Krankenkasse bewirkte Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels in Deutschland keine Umsatzsteuer, ist die Apotheke verpflichtet, der gesetzlichen Krankenkasse den Apothekenabgabepreis unter Abzug der Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 162.488,70 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.01.2013 zu zahlen und der Klägerin ordnungsgemäße Rechnungen über die Arzneimittellieferungen im Zeitraum vom 01.03.2010 bis einschließlich 31.12.2012 zu erteilen, welche die von Art. 226 MwStSystRL geforderten Angaben enthalten.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die klagende Krankenkasse nimmt die beklagte, in den Niederlanden ansässige Apotheke auf Rückzahlung der Umsatzsteuer sowie auf Erteilung ordnungsgemäßer Rechnungen für Arzneimittellieferungen an Versicherte der Klägerin in Anspruch.
Die Beklagte ist zum 01.02.2010 dem zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und dem Deutschen Apothekerverband e.V. gemäß § 129 Abs. 2 SGB V geschlossenen Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung (nachfolgend: Rahmenvertrag) nach § 2b Abs. 2 Rahmenvertrag beigetreten. Ab März 2010 lieferte die Beklagte im Wege des Versandhandels Arzneimittel an Versicherte der Klägerin. Über die von der Beklagten als Abrechnungsstelle beauftragte A… Apotheken-Verrechnungsstelle Dr. C… … GmbH & Co. KG (O…) stellte die Beklagte der Klägerin im Zeitraum von März 2010 bis einschließlich Dezember 2012 Abrechnungsbeträge für Arzneimittellieferungen in Rechnung, die die Klägerin mit 2.010.226,91 € beziffert (vgl. Anlagenkonvolut K2 zur Klageschrift vom 05.07.2013). Die Abrechnungsbeträge wurden dabei jeweils ermittelt, indem von den in den Rechnungen aufgeführten Bruttowerten (“Brutto„-Beträge) der gesetzliche Apothekenrabatt, die (gesetzlichen und vertraglichen) Herstellerrabatte, die Eigenbeteiligung der Versicherten sowie die Zuzahlung der Versicherten abgezogen wurden.
Mit Schreiben vom 12.07.2012 bat die Klägerin die Beklagte um die Angabe der deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Beklagten, die Vorlage einer Bestätigung, dass die Beklagte ihrer Steuerpflicht gegenüber einem deutschen Finanzamt nachkommt, die Benennung des Finanzamts, an das die Umsatzsteuer abgeführt wird und der entsprechenden Steuernummer. Des Weiteren forderte sie die Vorlage eines Nachweises über die tatsächliche Abführung der Umsatzsteuer sowie einer Bestätigung der jeweiligen zuständigen niederländischen bzw. deutschen Finanzbehörde, dass diese Behörden mit der Anwendung der Vereinfachungsregelung nach Abschnitt 1a.2 Abs. 14 Satz 2 UStAE einverstanden sind. Hierfür setzte die Klägerin der Beklagten eine Frist bis zum 26.07.2012 und wies darauf hin, dass die Klägerin bei nicht rechtzeitiger Vorlage dieser Dokumente eine Retaxierung der bisherigen und künftigen Arzneimittelabrechnungen der Beklagten vornehmen werde.
Mit Schreiben vom 23.07.2012 teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin ihre deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowie ihre deutsche Steuernummer mit und gab an, dass sie ihre Umsätze entsprechend den gesetzlichen Verpflichtungen erkläre und monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen an das für sie zuständige Finanzamt Kleve übermittle, welches ihr gegenüber Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide erlasse bzw. die Jahressteuerfestsetzung vornehme. Mit Schreiben vom 25.07.2012 übersandte die Beklagte der Klägerin zudem in Kopie eine Mitteilung des Finanzamts K… vom 06.06.2008 betreffend die umsatzsteuerrechtliche Erfassung der Beklagten sowie Kopien der seitens des Finanzamts K… gegenüber der Beklagten ergangenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für den Monat Februar 2010 vom 29.04.2010 und für den Monat April 2012 vom 12.07.2012.
Eine Bescheinigung ü...