Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. stationäre medizinische Rehabilitation. § 13 Abs 3a S 9 SGB 5 steht einer fingierten Genehmigung iSd § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 nicht entgegen. Unterscheidung vom Erstattungsanspruch aus § 13 Abs 3a S 7 SGB 5. Rechtsfolgen bei Fristversäumnis. sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungslage
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit das klägerische Begehren auf den Eintritt einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V gestützt werden kann, ist die allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG statthaft. Es bedarf weder der Kombination mit einer Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 S 1 SGG, noch der Durchführung eines Vorverfahrens. Eine bezüglich der Genehmigungsfiktion ergangene Aufhebungsverfügung wird nicht nach § 96 Abs 1 SGG (analog) Gegenstand des Klageverfahrens (entgegen SG München vom 16.6.2016 - S 7 KR 409/15, RdNr 24ff).
2. Bei einer Leistung der medizinischen Rehabilitation (hier stationäre medizinische Rehabilitation nach § 40 Abs 2 SGB V) steht § 13 Abs 3a S 9 SGB V der Anwendbarkeit des § 13 Abs 3a S 6 SGB V nicht entgegen (vgl SG Speyer vom 8.4.2016 - S 19 KR 479/14; SG Speyer vom 24.10.2016 - S 16 R 1005/14).
3. Rechtsfolge der Fristversäumnis ist nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V, dass die beantragte Leistung als genehmigt gilt (fingierter Verwaltungsakt) und die Krankenkasse die Sachleistung nunmehr auch zu gewähren hat (Anschluss an SG Speyer vom 8.4.2016 - S 19 KR 479/14, RdNr 30 mwN; SG Speyer vom 18.11.2016 - S 19 KR 329/16, RdNr 37ff; Fortführung von SG Speyer vom 24.10.2016 - S 16 R 1005/14, RdNr 52ff).
Orientierungssatz
1. Der Erstattungsanspruch aus § 13 Abs 3a S 7 SGB 5 knüpft nicht an das Vorliegen einer (fingierten) Genehmigung iSd § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 an, sondern an den Ablauf der in § 13 Abs 3a S 1 SGB 5 geregelten Frist (entgegen BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R = SozR 4-2500 § 13 Nr 33).
2. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 tritt unabhängig davon ein, ob die Voraussetzungen der als genehmigt geltenden Leistung im konkreten Fall vorliegen. Nach Ablauf der Frist ist der geltend gemachte Anspruch von der Krankenkasse ohne weitere Prüfung zu erfüllen (vgl SG Speyer vom 8.4.2016 - S 19 KR 479/14, RdNr 33 mwN). Insbesondere wird für den Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht vorausgesetzt, dass die beantragte Leistung erforderlich ist. Diese Anspruchsvoraussetzung besteht nur für den Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB 5.
Tenor
1. Der Bescheid vom 21.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2015 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin mit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der F… Klinik H…. zu versorgen.
3. Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Versorgung mit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.
Die 1950 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als Rentnerin gesetzlich krankenversichert. Sie leidet an Lipödemen und Lymphödemen. Seit 1995 erfolgte einmal jährlich bis zweimal jährlich eine stationäre Behandlung in der F… Klinik H… auf Kosten der Beklagten, zuletzt vom 26.05.2014 bis zum 23.06.2014.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 16.02.2015 (Eingang bei der Beklagten am 19.02.2015) unter Vorlage verschiedener medizinischer Unterlagen eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Als Rehabilitationsziele benannte die Klägerin Schmerzlinderung bei Dauerschmerz, Abschwellung der Beine, weniger Schweregefühl und Vermeidung von Komplikationen bei chronischem Ödem (z.B. Erysipel). Am 23.02.2015 ging bei der Beklagten eine ärztliche Verordnung der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. Z…/G… ein, in der eine stationäre Behandlung in der F… Klinik H… empfohlen wurde.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz ein. Die Klägerin wurde hierüber nicht schriftlich informiert.
Der MDK Rheinland-Pfalz kam durch die Ärztin im MDK Frau Dr. G… in einem Gutachten nach Aktenlage unter dem 17.03.2015 zu der Einschätzung, dass objektive Kriterien wie Beinumfangsmessungen und Volumenbestimmungen zur Beurteilung der Notwendigkeit einer stationären Behandlung in der F… Klinik lägen nicht vor, so dass keine Aussage zur medizinischen Notwendigkeit gemacht werden könne. Nach zwischenzeitlicher Vorlage eines ärztlichen Attestes durch die Klägerin kam Frau Dr. G… in einer weiteren Stellungnahme vom 07.04.2015 zum gleichen Ergebnis.
Die Klägerin legte ein Ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Z… vom 27.04.2015 vor. Hierin bescheinigt Dr. Z… der Klägerin, dass sie alle therapeutischen Möglichkeiten nutze, um den Status ihrer Beine zu verbessern. Es werde regelmäßig Lymphdrainage durchgeführt. Trotz aller Maßnahmen lasse sich eine langsame Zunahme der Ödeme unter der ambulanten Therapie nicht vermeiden. Die stationäre Behandlung in der F… Klinik habe hier immer noch einmal eine gewisse Verbesserung erb...