Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Vorläufige Leistungsgewährung bei einem Selbständigen. Grundlagen der Einkommensschätzung bei der vorläufigen Leistungsgewährung
Orientierungssatz
1. Bei einem als Selbständiger tätigen Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende können die Leistungen für einen laufenden Leistungszeitraum im Rahmen einer vorläufigen Festsetzung auf der Basis einer Schätzung durch den Grundsicherungsträger festgesetzt werden, bei der bei bisher schwankenden Einkünften ein fiktives Einkommen aufgrund einer Durchschnittsrechnung ermittelt werden kann.
2. Einzelfall zur Schätzung des Einkommens eines Selbständigen im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Tenor
1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
1. Der Antragsteller möchte im Eilverfahren die Gewährung weiterer vorläufiger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erreichen.
Der Antragsteller führt eine sich im Aufbau befindliche selbständige Tätigkeit in Gestalt eines Betriebes für Kaminholz aus. Er beantragte beim Antragsgegner am 29. April 2011 die Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 01. Juni 2011. Er legte dazu die Anlage EKS vor. Ausweislich seiner eigenen Angaben erwartet er in den Monaten Juni bis Oktober 2011 einen voraussichtlichen durchschnittlichen Gewinn von 487,32 EUR monatlich. Ausweislich der vom Antragsgegner korrigierten EKS hat er einen durchschnittlichen monatlichen Gewinn von 716,32 EUR monatlich zu erwarten.
Mit Bescheid vom 24. Mai 2011 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 01. Juni 2011 bis zum 30. November 2011 auf der Grundlage von § 40 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 215,94 EUR. Bei der Berechnung der Leistungen berücksichtigte der Antragsgegner ein laufendes Einkommen des Antragstellers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 716,32 EUR. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Einnahmen bzw. Ausgaben des Antragstellers aus selbständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum auf Grund seiner Angaben zum voraussichtlichen Einkommen zunächst vorläufig festgesetzt worden seien.
Der Antragsteller reichte sodann bei dem Antragsgegner die Anlage EKS für den Monat November 2011 nach. Ausweislich seiner eigenen Angaben erwartet er im November 2011 einen voraussichtlichen Gewinn von 529,32 EUR. Aus beiden (korrigierten) Erklärungen des Antragstellers ermittelte der Antragsgegner einen Gewinn für den gesamten Bewilligungszeitraum in Höhe 4.600,92 EUR, monatlich dementsprechend 766,82 EUR.
Mit Änderungsbescheid vom 07. Juni 2011 zum Bescheid vom 24. Mai 2011 setzte der Antragsgegner die Leistungen für die Zeit vom 01. Juli 2011 bis zum 30. November 2011 neu fest und bewilligte dem Antragsteller für die Zeit vom 01. Juli 2011 bis zum 30. November 2011 auf der Grundlage von § 40 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 175,54 EUR. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte der Antragsgegner ein laufendes Einkommen des Antragstellers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 766,82 EUR.
Der Antragsteller erhob am 15. Juni 2011 Widerspruch gegen die Bewilligungsbescheide. Die Berücksichtigung lediglich prognostizierter, erst in der Zukunft zu erwartender Einnahmen sei nicht zulässig. Einkommen sei nach dem Zuflussprinzip erst dann anzurechnen, wenn es tatsächlich zur Verfügung stehe. Es werde eine Leistungsbewilligung ohne jeglicher geschätzter Einnahmen erwartet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. Juli 2011 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers zurück. Sei zukünftiges (anrechenbares) Einkommen in unterschiedlicher Höhe zu erwarten, so biete § 40 SGB II i.V.m. § 328 SGB III die Möglichkeit einer vorläufigen Entscheidung. Dazu sei natürlich eine prospektive Schätzung des zu erwartenden Einkommens notwendig. Dabei handele es sich nicht um eine Anrechnung fiktiven Einkommens. Das wäre nur zutreffend, wenn die Bescheidung endgültig wäre. Werde Einkommen in unklarer aber leistungsrechtlich relevanter Höhe erwartet, so sei eine nachvollziehbare realistische Berechnung vorzunehmen unter Vermeidung des Risikos einer Unterdeckung und unter Vermeidung des Risikos einer Illiquidität und folgender Zahlungsunfähigkeit mit Gefährdung des Unternehmensbestandes. Dabei sei bei der Schätzung die Selbsteinschätzung des Hilfebedürftigen heranzuziehen. Diese sei jedoch auf Plausibilität zu prüfen. Unter Zugrundelegung der vom Antragsteller selbst vorgenommenen Einschätzungen der Entwicklung seines Betriebes seien Leistungen in Höhe von monatlich 175,54 EUR bewilligt worden.
Der Kläger hat am 21. Juli 2011 Klage erhoben (Az.: S 28 AS 511/11) und zugleich den vo...