Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Einsatz des Einkommens und Vermögens. Kostenbeitrag für stationäre Unterbringung. Zumutbarkeit. fehlende Ermessensausübung im Verwaltungsverfahren. keine Ersetzung durch Gericht
Orientierungssatz
1. Die Vorschrift des § 92 Abs 2 SGB 12 schafft keine Sonderregelung, die außerhalb der allgemeinen Einkommensgrenze steht. Die Regelung soll nur verhindern, dass durch eine Unterbringung in einer der vom Gesetz genannten Einrichtungen wirtschaftliche Vorteile entstehen; zu diesem Zweck wird der zu entrichtende Kostenbeitrag auf die ersparten Kosten für den Lebensunterhalt begrenzt. Eine Heranziehung auch nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen ist hingegen nicht möglich, wenn dadurch der Lebensunterhalt der Personen, die von dem verbleibenden Einkommen und Vermögen existieren müssen, gefährdet würde. Bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen kommt die Aufbringung der Mittel aus eigenem Einkommen bei einem Elternteil nur in Betracht, wenn dies nach den Vorschriften des 11. Kapitels im Einzelfall zuzumuten ist.
2. Wird ohne Prüfung der Einkommensverhältnisse und ohne Ermessensausübung ein Kostenbeitrag entsprechend den Konkretisierungen der häuslichen Ersparnis durch die aufgrund § 92 Abs 2 S 5 SGB 12 ergangenen landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen pauschal festgesetzt, ist der Bescheid aufzuheben, da eine unterbliebene Ermessensausübung im Verwaltungsverfahren nicht durch eine Ermessensausübung des Gerichts ersetzt werden kann.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit welchem ihr gegenüber ein Kostenbeitrag für die stationäre Unterbringung ihres Sohnes festgesetzt worden ist.
Der 1990 geborene Sohn der Klägerin leidet unter einer Intelligenzminderung mit deutlicher Verhaltensstörung sowie unter einem Klinefelter-Syndrom. Ab 30. September 2005 wurde er im Gutshof G. stationär betreut. Die hierdurch entstehenden Kosten wurden vom Beklagten in der sachlichen Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe, dem Land Niedersachsen, als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung aus Mitteln der Eingliederungshilfe übernommen.
Mit Bescheid vom 8. Juni 2006 setzte der Beklagte einen von der Klägerin ab 1. Juli 2006 zu leistenden Kostenbeitrag iHv 276,00 EUR monatlich fest. Zur Begründung führte er aus, der Sohn werde seit 30. September 2005 zu Lasten der Sozialhilfe im Gutshof G. stationär betreut. Hierfür sei ein Kostenbeitrag in Höhe der häuslichen Ersparnis zu leisten. Die häusliche Ersparnis betrage 100 % des maßgebenden Regelsatzes der Sozialhilfe. Für ihr Kind betrage der maßgebende Regelsatz der Sozialhilfe zurzeit 276,00 EUR.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 21. Juni 2006 Widerspruch ein, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2007 zurückwies.
Hiergegen richtet sich die am 22. Januar 2007 eingereichte Klage. Die Klägerin trägt vor, entgegen den Angaben im Widerspruchsbescheid sei ihr Sohn nicht bis zum 3. August 2006, sondern nur bis zum 26. Juli 2006 in der Einrichtung Gutshof G. stationär betreut worden. Vom 27. Juli bis 3. August 2006 sei er im N. Landeskrankenhaus L. gewesen. Dementsprechend wäre ein Kostenbeitrag allenfalls für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 21. Juli 2006 zu zahlen. Im Übrigen könne sie wegen fehlenden Einkommens keinen Kostenbeitrag zahlen. Im Monat Juli 2006 habe sie lediglich Kindergeld sowie Einkommen aus einem Mini-Job iHv 27,50 EUR erhalten. Der Kostenbeitrag sei vom Vater des Kindes anzufordern.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 8. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung entspricht der geforderte Kostenbeitrag pauschal mindestens der Mittel, welche durch die externe Unterbringung eines Kindes im Haushalt eingespart werden. Da sich ihr Sohn nicht zu Hause aufgehalten habe, sondern in der Einrichtung untergebracht gewesen sei, sei die Klägerin auch entlastet gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Leistungsakte des Beklagten, welche das Gericht beigezogen hat, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte ist nicht berechtigt, einen Kostenbeitrag iHv 276,00 EUR monatlich von der Klägerin für die stationäre Betreuung ihres Kindes im Gutshof G. ab 1. Juli 2006 zu erheben.
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Rechtsauffassung ergibt sich die Verpflichtung zur Entrichtung eines Kostenbeitrags nicht aus § 92 Abs 2 Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) iVm den landesrechtlichen Vorgaben, den Niedersächsischen Ausführungsbestimmungen zum SGB XII (Nds. AG SGB ...