Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des SG Stuttgart vom 20.12.2007 - S 10 KR 8404/07 ER, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der am 29.11.2007 gegen die Beschlüsse der 2. Vergabekammer des Bundes vom 15.11.2007 (VK 2-102/07, VK 2-105/07, VK 2-108/07, VK 2-114/07, VK 2-117/07, VK 2-120/07 und VK 2-123/07) eingereichten Klage wird angeordnet.
2. Den Antragstellerinnen wird gestattet, das Vergabeverfahren zum Abschluss von Rabattverträgen fortzuführen und auf die von ihnen ausgewählten wirtschaftlichsten Angebote bezüglich der Wirkstoffe
Allopurinol, Amiodaron, Amisulprid, Amlodipin, Alendronsäure, Azathioprin, Bisoprolol, Bisoprolol und Hydrochlorothiazid, Captopril, Captopril und Hydrochlorothiazid, Carvedilol, Cefaclor, Cefuroxim, Ciprofloxacin, Citalopram, Clarithromycin, Clozapin, Doxazosin, Doxepin, Enalapril, Enalapril und Hydrochlorothiazid, Finasterid, Furosemid, Gabapentin, Glimepirid, Hydrochlorothiazid, Itraconazol, Lamotrigin, Levodopa und Decarboxylasehemmer, Lisinopril, Lisinopril und Hydrochlorothiazid, Melperon, Metformin, Metoclopramid, Metoprolol, Mirtazapin, Molsidomin, Moxonidin, Nifedipin, Nitrendipin, Omeprazol, Paroxetin, Ramipril, Ramipril und Hydrochlorothiazid, Ranitidin, Roxithromycin, Sertralin, Simvastatin, Spironolacton, Sumatriptan, Tamsulosin, Torasemid, Tramadol und Trimipramin
Zuschläge zu erteilen.
3. Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen Ziffern 1 bis 5 haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe
I.
Vorliegend wenden sich die Antragstellerinnen im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen das ihnen gegenüber von der 2. Vergabekammer des Bundes ausgesprochene Verbot, für verschiedene Wirkstoffe Zuschläge auf Angebote von Pharmaunternehmen zum Abschluss von Rabattverträgen zu erteilen.
Die Antragstellerinnen haben gemeinsam unter Federführung der Antragstellerin Ziffer 1 (AOK Baden-Württemberg) für insgesamt 83 Wirkstoffe die auf dem Markt in Deutschland für diese Wirkstoffe tätigen in- und ausländischen Pharmaunternehmen mit Schreiben vom 03.08.2007 aufgefordert, bis zum 03.09.2007, 12.00 Uhr ein entsprechendes - bis 31.12.2007 verbindliches - Angebot für eine Rabattvereinbarung nach § 130a Abs. 8 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2009 bei der Antragstellerin Ziffer 1 abzugeben.
Eine inhaltsgleiche Veröffentlichung dieses Anschreibens erfolgte im elektronischen Bundesanzeiger am 06.08.2007 mit Korrekturen vom 10. und 28.08.2007.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens vom 03.08.2007 sowie auf die beigefügten Anlagen verwiesen.
Aus den bis zum Ablauf der Angebotsfrist eingegangenen Angeboten wurden je Wirkstoff drei bis vier Pharmaunternehmen ausgewählt, mit denen Rabattverträge abgeschlossen werden sollten.
Mit Schreiben vom 14.09.2007 informierten die Antragstellerinnen sämtliche ein Angebot abgegebenen Pharmaunternehmen “im Vorgriff„ auf die zu erfolgenden Vertragsabschlüsse, die “14 Tage nach Absendung dieser Vorabinformation beabsichtigt„ seien. Eine Benennung der jeweils ausgewählten Pharmaunternehmen enthielt dieses Schreiben nicht.
Daraufhin beantragten die Beigeladenen Ziffern 1 - 7 bei der 2. Vergabekammer des Bundes die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nach den §§ 102 und 107 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) mit der Begründung, die Antragstellerinnen hätten mit ihrem Vorgehen gegen mehrere vergaberechtliche Vorgaben verstoßen.
Die 2. Vergabekammer des Bundes hat in den insgesamt sieben Nachprüfungsverfahren zwischen vier und 47 Pharmaunternehmen beigeladen. Mit ihren Beschlüssen vom 15.11.2007 (VK 2-102/07; 105/07; 108/07; 114/07; 117/07; 120/07; 123/07) untersagte die 2. Vergabekammer des Bundes den hiesigen Antragstellerinnen, hinsichtlich der im Einzelnen bezeichneten Wirkstoffe auf die vorliegenden Angebote Zuschläge zu erteilen.
Die Nachprüfungsanträge seien zulässig, eine vorrangige Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit bestehe nicht. Auch ihre örtliche Zuständigkeit sei gegeben.
Der für die Vergabe öffentlicher Aufträge maßgebende Schwellenwert von 211.000,00 Euro sei vorliegend überschritten.
Die Antragstellerinnen seien öffentliche Auftraggeber.
Auch die Merkmale eines öffentlichen Auftrages (Leistungserbringung gegen Entgelt an einen öffentlichen Auftraggeber) lägen vor.
Eine vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession liege hier ebenso wenig wie eine Bereichsausnahme nach § 100 Abs. 2 GWB vor.
Die Nachprüfungsanträge seien auch begründet. Die - dortigen - Antragstellerinnen seien infolge der Nichteinhaltung eines förmlichen Vergabeverfahrens wegen zu kurzer Angebotsfrist sowie wegen unzureichender Leistungsbeschreibung und Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt.
Auf eine Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung von öffentlichen Ausschreibungen könnten sich die - dortigen - Antragstellerinnen dagegen nicht berufen, da...