Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Pflegeversicherung. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Dem Europäischen Gerichtshof werden zur Vorabentscheidung folgende Fragen vorgelegt:
1. Ist eine Pflegeperson iS des § 44 SGB 11 Arbeitnehmer iS des Art 48 EGVtr und/oder Art 1 EWGV 1408/71?
Sofern Frage 1 verneint wird:
2. Verstößt es im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen vom 24.6.1996 - 150/85 = EuGHE I 1986, 1995 und vom 5.3.1998 - C-160/96 = EuGHE I 1998, 843 gegen Art 19, 25, 28 der EWGV 1408/71, wenn der Anspruch auf das Eingreifen der in § 44 SGB 11 vorgesehenen sozialen Sicherung der Pflegepersonen bei Pflege in dem Staat, in der der Pflegebedürftige der Versicherung angeschlossen ist, davon abhängig ist, dass die Pflegeperson ihren Wohnsitz im selben Staat und nicht in einem anderen Mitgliedstaat hat?
Orientierungssatz
Az des EuGH: C-215/02
Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt. Dem Europäischen Gerichtshof werden zur Vorabentscheidung folgende Fragen vorgelegt:
II.
1.)
Ist eine Pflegeperson im Sinne des § 44 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) Arbeitnehmer im Sinne des Artikel 48 EGV, Artikel 1 EWG-Verordnung 14o8/71?
Sofern Frage 1 verneint wird:
2.)
Verstößt es im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen vom 24.o6.1996 (Aktenzeichen 15o/85) und vom o5.o3.1998 (Aktenzeichen C-16o/96) gegen Art. 19, 25, 28 der EWG-Verordnung 14o8/71, wenn der Anspruch auf das Eingreifen der in § 44 SGB XI vorgesehenen sozialen Sicherung der Pflegeperson bei Pflege in dem Staat, in der der Pflegebedürftige der Versicherung angeschlossen ist, davon abhängig ist, dass die Pflegeperson ihren Wohnsitz im selben Staat und nicht in einem anderen Mitgliedstaat hat.
Tatbestand
Die ... 1943 geborene Klägerin hat ihre eheliche Wohnung in S., Frankreich. Von Mai 1957 bis November 1992 legte sie Versicherungszeiten in der Rentenversicherung nach deutschem Recht zurück. In Frankreich unterlag/unterliegt sie keiner Rentenversicherungspflicht. Die Mutter der Klägerin war bei der "Gemeinschaft privater Versicherungsunternehmen zur Durchführung der Pflegeversicherung nach dem PflegeVG vom 26.05.1994 für die Mitglieder der PbeaKK und der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (GPV)" privat pflegepflichtversichert. Alle im Zusammenhang mit der Durchführung der privaten Pflegeversicherung anfallenden Aufgaben nimmt aufgrund einer Beauftragung die Beklagte wahr. Die Mutter (geb. 1909) der Klägerin hatte ihren Wohnsitz in Deutschland (K.). Mit Mitteilung vom 29.06.2000 wurde aufgrund eines Verschlimmerungsantrages die vormals bei der Mutter der Klägerin festgestellte Pflegestufe II ab dem 25.04.2000 auf die Stufe III erhöht und eine dementsprechende Leistungszusage über die Gewährung von Pflegegeld abgegeben. Aus dem der Erhöhung der Pflegestufe zugrundeliegenden Gutachten von Frau Dr. P geht hervor, dass die Klägerin ihre Mutter an 5 Tagen pro Woche à 220 Minuten täglich pflegte. Im übrigen wurde die Pflege von der Schwester der Klägerin und deren Ehemann erbracht. Die Mutter der Klägerin verstarb im Oktober 2000.
Die Klägerin bezog in der Zeit von April bis Oktober 2000 keine Rente aus der (deutschen) gesetzlichen Rentenversicherung oder eine Versorgung nach Erreichen einer Altersgrenze. Sie hatte in der Vergangenheit keine Beitragserstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung erhalten. Sie übte neben der Pflegetätigkeit keine Erwerbstätigkeit aus. Für die Pflege wurde keine Vergütung gezahlt. Sie war in ihrer Eigenschaft als Pflegeperson nicht bei einer Pflegekasse/ambulanten Pflegeeinrichtung tätig. Die Pflege wurde im Haushalt der Mutter durchgeführt.
Nachdem die Klägerin bereits zu der Zeit, als für die Mutter noch die Pflegestufe II galt, einen Antrag auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen bei der Beklagten gestellt hatte, wurde ihr im Hinblick auf die im April erfolgte Erhöhung der Pflegestufe mit Schreiben vom 03.07.2000 von der Beklagten mitgeteilt, dass keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe, weil sich ihr Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt nicht im Inland befinde. Eine zuvor mit Schreiben vom 29.06.2000 erfolgte Bestätigung einer Rentenversicherungspflicht wurde mit diesem Schreiben widerrufen. Deswegen hat die Klägerin am 23.10.2000 Klage beim Sozialgericht K. erhoben. Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 15.03.2001 an das Sozialgericht S. verwiesen.
Mit Beschluss vom 10.05.2001 wurde die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als zuständiger Rentenversicherungsträger zum Verfahren beigeladen.
Die Klägerin trägt vor, sie habe an ihre Mutter in K. von Montagmorgen bis Donnerstag oder Freitag manchmal auch Samstag rund um die Uhr gepflegt. Deshalb sei sie der Meinung, die Beklagte müsse für sie Rentenversicherungsbeiträge bezahlen.
Die Beklagte tritt der Klage entgegen. Ausschlussgrund für eine Rentenversicherungs...