Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistung zur medizinischen Rehabilitation. stufenweise Wiedereingliederung. fortbestehender Rehabilitationsbedarf. Erstattungsanspruch der Leistungsträger untereinander
Leitsatz (amtlich)
1. Entscheidend für die Frage eines fortbestehenden Rehabilitationsbedarfs nach Abschluss einer stationären Rehabilitationsmaßnahme ist nicht, ob die Rehabilitationseinrichtungsärzte die stufenweise Wiedereingliederung empfehlen oder gar selbst einleiten. Ein solches "Empfehlungs- bzw Einleitungsmonopol" findet im Gesetz keine Stütze. Maßgeblich ist insoweit alleine die objektiv fortbestehende medizinische Indikation für eine stufenweise Wiedereingliederung.
2. Auch der Umstand, dass die stufenweise Wiedereingliederung nach Empfehlung der Rehabilitationseinrichtungsärzte erst nach einer Zeit der Rekonvaleszenz beginnen soll, lässt die Rehabilitationsbedürftigkeit bei "verfrühter" stufenweiser Wiedereingliederung nicht entfallen und führt grundsätzlich nicht zum Fortfall des rentenversicherungsrechtlichen Rehabilitationszieles.
3. Zu den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Geltendmachen iS des § 111 S 1 SGB 10.
4. Eine abwegige Rechtsauffassung eines Prozessbeteiligten führt nicht zur Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Erstattung des von ihr an den Versicherten S. in der Zeit vom 14.02.2005 bis 03.04.2005 gezahlten Krankengelds einen Betrag von 3.225,52 Euro zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
2. Der Streitwert wird auf 3.225,52 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Krankengeld in Höhe von 3.225,52 Euro, welches die Klägerin in der Zeit vom 14.02.2005 bis 03.04.2005 an den Versicherten S. (im Folgenden nur noch Versicherter) gezahlt hat, streitig.
Der am ...1957 geborene Versicherte war während des streitigen Zeitraums bei der Klägerin kranken- und bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (zukünftig nur noch Beklagte) rentenversichert. Er arbeitete zuletzt vollschichtig als Produktionsleiter in einem Textilunternehmen. In der Zeit vom 17.01.2005 bis 13.02.2005 führte der Versicherte auf Grund seines Antrags vom 11.01.2005 auf Kosten der Beklagten eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in Gestalt einer Anschlussheilbehandlung in den Kliniken S. in A., Abteilung Neurologie, durch, nachdem er sich vom 05.01.2005 bis 12.01.2005 wegen einer Hirnstammblutung rechts und einer arteriellen Hypertonie in stationärer Krankenhausbehandlung befunden hatte. Während der Anschlussheilbehandlung in den Kliniken S. erhielt er von der Beklagten Übergangsgeld. Ausweislich des Entlassberichts des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Physikalische und Rehabilitative Medizin und Sozialmediziners Dr. S. vom 04.02.2005 bestanden beim Versicherten bei der Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme folgende Gesundheitsstörungen: armbetonte Sensibilitätsstörung der linken Seite (R20.1 nach ICD-10), Zustand nach Hirnblutung rechts am 05.01.2005 (I61.8 nach ICD-10), arterielle Hypertonie (I10.90 nach ICD-10), Hyperlipidämie (E78.2 nach ICD-10) und Zustand nach Nikotinabusus (F17.1 nach ICD-10). Er sei sowohl in seiner letzten Tätigkeit als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten vollschichtig und ohne wesentliche Einschränkungen leistungsfähig. Gleichwohl lägen derzeit aber aus neuropsychologischer Sicht noch Hinweise auf eine eingeschränkte Dauerbelastbarkeit vor. Die bei der Aufnahme bestehenden Beschwerden in Form von Sensibilitäts- und Gleichgewichtsstörungen sowie Kopfdruck hätten deutlich verbessert werden können. Im linken Kniebereich bestünden aber nach wie vor noch Bandagen- und Umschnürungsgefühle. In Anbetracht der erst kürzlich zurückliegenden Ereignisse erfolge die Entlassung noch arbeitsunfähig. Beruflich solle bei weiterer Besserung eine stufenweise Wiedereingliederung angestrebt und damit die Arbeitsfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit erreicht werden. Eine Kernspinresonanzspektroskopie werde demnächst noch in der Universitätsklinik T. durchgeführt werden.
Am 17.02.2005 erstellte die den Versicherten - der weiterhin arbeitsunfähig war - behandelnde Allgemeinmedizinerin Dr. D. den Wiedereingliederungsplan, wobei die stufenweise Wiedereingliederung am 21.02.2005 beginnen und zunächst bis zum 06.03.2005 mit vier Stunden täglich andauern sollte. Der Versicherte und seine Arbeitgeberin stimmten dem Plan am 17.02.2005 zu. Die stufenweise Wiedereingliederung wurde schlussendlich bis zum 03.04.2005 verlängert (Wiedereingliederungspläne der Dr. D. vom 01.03.2005 und 14.03.2005), was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.
Der Versicherte wandte sich am 18.02.2005 an die Klägerin und gab an, sich “wohl„ und “wiederhergestellt„ zu fühlen. Schwerwiegende körperliche Beeinträchtigungen habe er nicht mehr. Er müsse so schnell wie möglich seine volle Arbeitskraft wieder erlangen. Im Frühjahr sei für ihn eine geschäftliche Reise nach China geplan...