Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Anrechnung der vom Arbeitgeber bereitgestellten kostenfreien Verpflegung auch bei Nichtinanspruchnahme -Rechtmäßigkeit. Ermächtigungskonformität. keine Verletzung des Selbstbestimmungsrechts
Leitsatz (amtlich)
1. § 2 Abs 5 ALG II-V (juris: AlgIIV 2008) ist rechtmäßig.
2. Für die Berechnung des Einkommens nach § 2 Abs 5 ALG II-V ist es unerheblich, ob vom Arbeitgeber bereitgestellte Verpflegung tatsächlich in Anspruch genommen wird.
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung kostenloser Verpflegung als Einkommen.
Die Kläger bezogen in den streitbefangenen Zeiträumen als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Der Kläger Ziff. 2 erhielt von seinem Arbeitgeber freie Kost dergestalt, dass monatlich ein bestimmter Betrag dem Brutto hinzugerechnet und vom Netto wieder abgezogen wurde.
Mit Bescheid vom 18. Juni 2018 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2017 bis 31. März 2018. Dabei berücksichtigte er die vom Arbeitgeber des Klägers Ziff. 2 zur Verfügung gestellte Verpflegung antragsgemäß im Oktober 2017 mit 103,33 Euro, im November 2017 mit 52,32 Euro, im Dezember 2017 mit 11,77 Euro, im Januar 2018 mit 21,25 Euro, im Februar 2018 mit 29,22 Euro sowie im März 2018 mit 3,98 Euro als Einkommen.
Den hiergegen u.a. mit der Begründung, der Kläger Ziff. 2 habe die unentgeltliche Verpflegung nicht in Anspruch genommen, erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2018 zurück. Eine tatsächliche Inanspruchnahme der Verpflegung sei unerheblich. In den Monaten außer Dezember 2017 sowie Februar und März 2018 sei der Kläger Ziff. 2 wegen seines Monatslohnes nicht hilfebedürftig gewesen, so dass es auf die Verpflegung nicht ankomme.
Hiergegen haben die Kläger am 6. August 2018 zum Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben (Az. S 12 AS 4117/18).
Mit Bescheid vom 19. Juni 2018 bewilligte der Beklagte den Klägern endgültig Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2016 bis 31. März 2017. Dabei berücksichtigte er die vom Arbeitgeber des Klägers Ziff. 2 zur Verfügung gestellte Verpflegung antragsgemäß im Oktober 2016 mit 54,43 Euro, im Dezember 2016 mit 64,80 Euro sowie im Februar 2017 mit 53,73 Euro als Einkommen. Mit Änderungsbescheid über die Erstattung von Leistungen bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruches vom selben Tage forderte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 45,80 Euro zurück.
Den gegen beide Bescheide erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2018 zurück. Eine tatsächliche Inanspruchnahme der Verpflegung sei unerheblich.
Hiergegen haben die Kläger am 6. August 2018 zum Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben (Az. S 12 AS 4118/18).
Mit Änderungsbescheid vom 18. Juni 2018 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. Juli 2018 bis zum 30. September 2018 und berücksichtigte die vom Arbeitgeber des Klägers Ziff. 2 zur Verfügung gestellte Verpflegung mit monatlich 64 Euro. Mit Bescheid vom 16. Juli 2018 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen ab dem 1. August 2018 wegen Wegfalls der Hilfebedürftigkeit ganz auf.
Gegen den Bescheid vom 16. Juli 2018 wurde kein Widerspruch erhoben. Den am 23. Juli 2018 gegen den Bescheid vom 18. Juni 2018 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2018 zurück. Eine Anrechnung des tatsächlichen Kostgeldes könne bei der endgültigen Bewilligung erfolgen. Auf eine tatsächliche Inanspruchnahme komme es indes nicht an.
Hiergegen haben die Kläger am 6. August 2018 zum Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben (Az. S 12 AS 4143/18).
Mit Beschluss vom 19. Dezember 2018 hat die Kammer die drei Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (§ 113 Abs. 1 SGG).
Die Kläger tragen vor, eine Anrechnung nach § 2 Abs. 5 ALG-II-VO könne nur dann erfolgen, wenn die Verpflegung auch tatsächlich in Anspruch genommen werde. Darüber hinaus sei § 2 Abs. 5 ALG-II-VO mit höherrangigem Recht nicht vereinbar.
Die Kläger beantragen,
1. den Beklagten unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 19. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2018 zu verpflichten, den Klägern Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 1032,60 Euro für Oktober 2016, von 834,70 Euro für Dezember 2016 und von 893,75 Euro für Februar 2017 zu bewilligen;
2. den Änderungsbescheid über die Erstattung von Leistungen bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruches vom 19. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2018 aufzuheben;
3. den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 18. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2018 zu verpflichten, den Klägern Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 894,75 Euro für Ok...