Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung des Arbeitslosengeld II. Abbruch eines 1-Euro-Jobs. Unzumutbarkeit und Unzulässigkeit der Arbeitszeit über 20 Wochenstunden
Orientierungssatz
1. Die zulässige Arbeitszeitgrenze für eine Arbeitsgelegenheit iS des § 16 Abs 3 S 2 SGB 2 liegt bei 20 Wochenstunden. Erwerbsfähige Hilfebedürftige sind auch während der Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit dem Grundsatz des Forderns nach § 2 SGB 2 unterworfen. Ihnen muss ausreichend Zeit für die Arbeitsuche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbleiben. Auch im Hinblick auf das Verbot der Konkurrenz von Arbeitsgelegenheiten zum 1. und 2. Arbeitsmarkt ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Vermittlung in eine Arbeitsgelegenheit, dass der Umfang der angebotenen Arbeit erheblich hinter dem eines normalen Arbeitsverhältnisses zurückbleiben muss.
2. Der Abbruch einer Arbeitsgelegenheit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden kann mangels Zumutbarkeit der Arbeit bzw Maßnahme daher nicht nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 oder Nr 2 SGB 2 sanktioniert werden.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.02.2007 gegen den Bescheid vom 14.02.2007 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Tatbestand
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gegen die Absenkung der ihm nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bewilligten Leistungen.
Der 1. geborene Antragsteller ist seit Jahren arbeitslos bzw. arbeitsuchend. Im Rahmen einer geringfügigen Nebenbeschäftigung ist der Antragsteller zeitweise (auf Abruf) für ein Bestattungsinstitut tätig, wodurch er ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von ca. € 100,- erzielt. Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller mit Bescheid vom 07.12.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.01. bis 30.06.2006 i.H.v. mtl. € 602,70 (Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige mtl. € 345,- und Kosten der Unterkunft und Heizung mtl. € 257,70; mit Bescheid vom 14.02.2006 für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2006 mtl. € 648,77). Auf den entsprechenden Fortzahlungsantrag gewährte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 08.06.2006 und mit Bescheid vom 27.10.2006 weiter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.07. bis 31.12.2006 i.H.v. mtl. € 648,77, bzw. mtl. € 648,76. Am 30.11.2006 beantragte der Antragsteller die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II, woraufhin die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 01.12.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.01. bis 30.06.2007 mtl. € 648,77 bewilligte.
Am 05.01.2007 unterzeichnete der Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung mit der Antragsgegnerin, in welcher er sich u.a. zur Aus-/Weiterbildung und Anpassung und zur aktiven und motivierten Teilnahme an einer geförderten Beschäftigung bei der A. verpflichtete, sowie zur Annahme eines Angebot einer Arbeitsgelegenheit (AGH) mit Mehraufwandsentschädigung von mtl. € 130,- in Vollzeit bei der A. für die Dauer von sechs Monaten. Diese Eingliederungsvereinbarung enthält eine Rechtsfolgenbelehrung auch im Hinblick auf eine etwaige Absenkung der Leistungen bei Abbruch einer zumutbaren Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit.
Ausweislich der Stellungnahme vom 17.04.2007 der für den Antragsteller zuständigen Fallmanagerin handelte es sich bei der Maßnahme der A. um eine AGH im Sinne des § 16 Abs. 3 SGB II. Die Fallmanagerin betrachtete die Erforderlichkeit der Integration des Antragstellers als gegeben, da dieser zuletzt im Jahr 2001 beitragspflichtig beschäftigt war. Die dem Antragsteller angebotene AGH hat - ausweislich der Stellungnahme der Fallmanagerin - dem Tätigkeitsprofil des Antragstellers (Helfertätigkeit in der Baubranche) entsprochen und war mit 30 Wochenstunden vorgesehen.
Der Antragsteller begann die Tätigkeit im Rahmen dieser AGH am 15.01.2007. Am 17.01.2007 erlitt der Antragsteller einen Arbeitsunfall, in dem er von einer beschädigten Leiter fiel. Dem Antragsteller wurde vom 19.01. bis 23.01.2007 Arbeitsunfähigkeit attestiert. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der Antragsgegnerin vom 31.01.2007 teilte der Antragsteller mit, dass er die AGH heute abbrechen werde, weil er bei der A. menschenunwürdig behandelt werde. Zudem kollidiere die Arbeitszeit mit seinem Nebenverdienst als Bestattungshelfer. Im Rahmen dieser Vorsprache beantragte der Antragsteller für die geplante Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Gewährung von Eingliederungsleistungen.
Mit Bescheid vom 14.02.2007 verfügte die Antragsgegnerin eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 SGB II für die Zeit vom 01.03. bis zum 31.05.2007 mtl. um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des zustehenden Gesamtauszahlungsbetrages, maximal mtl. € 104,-. Gleichzeitig hob die Antragsgegnerin die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, der Antragsteller habe trotz Belehrung über die Rech...