Entscheidungsstichwort (Thema)
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind für Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit von Vergabeverfahren zu Hilfsmitteln für die Versicherten nicht zuständig
Orientierungssatz
1. Nach § 51 Abs. 3 SGG i. V. m. § 69 Abs. 3 SGB 5 sind Streitigkeiten nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) von der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit ausgenommen. Hierzu zählt u. a. der Streit über die Ausschreibung bzw. die Vergabe eines öffentlichen Auftrags zur Hilfsmittelversorgung nach § 127 SGB 5 in einem sog. Vergabeverfahren zur Versorgung der Versicherten einer Krankenkasse mit Inhalations- und Atemgeräten.
2. Bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit der Ausschreibung des öffentlichen Auftrags nach § 127 Abs. 1 S. 1 und S. 6 SGB 5 handelt es sich um ein solches Verfahren. Die Prüfung der Vergabe von öffentlichen Aufträgen umfasst auch die Prüfung von Gründen, welche bereits dem Grunde nach einer Ausschreibung widersprechen oder diese zu verhindern geeignet sind.
3. Nach § 202 SGG i. V. m. § 17a Abs. 2 S. 1 GVG ist die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs von Amts wegen auszusprechen und der Rechtstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Das sind die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Tenor
Der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit ist nicht gegeben.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 500.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit dem vorliegenden Antrag auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wendet sich die Antragstellerin gegen das durch die Antragsgegnerin eingeleitete europaweite Vergabeverfahren zur Versorgung ihrer Versicherten mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten der Produktgruppe 14 "Inhalations- und Atemtherapiegeräte".
Die Antragstellerin ist als Leistungserbringerin u. a. im Bereich der Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit CPAP-Geräten im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V tätig. Der Jahresumsatz der Antragstellerin mit Versicherten der Antragsgegnerin in diesem Bereich beträgt ca. 500.000,00 Euro.
Durch die Antragsgegnerin ist beabsichtigt, zum Zwecke der Versorgung ihrer Versicherten mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten einen Rahmenvertrag im Sinne des § 127 Abs. 1 SGB V abzuschließen. Zu diesem Zwecke wurde durch die Antragsgegnerin mit Datum vom 27.09.2017 eine insgesamt in 19. Gebietslose unterteilte Ausschreibung von Hilfsmittelversorgungsverträgen über CPAP-Geräte im Supplement zum EU-Amtsblatt vom 30.09.2017 (Nr. xxx1) eingeleitet. Der geschätzte Netto-Auftragswert der ausgeschriebenen öffentlichen Aufträge über die Versorgung mit den Hilfsmitteln übersteigt den maßgeblichen EU-Schwellenwert von 209.000,00 Euro. Die Frist zur Angebotsabgabe ist am 24.11.2017 (12:00 Uhr) abgelaufen.
Durch die Antragsgegnerin ist beabsichtigt, die Auswertung der eingegangenen Angebote bis zum 11.12.2017 abzuschließen und die Bieter noch am selben Tag über den Ausgang des Vergabeverfahrens zu informieren. Die Zuschläge sollen am 22.12.2017 erteilt werden. Der ausgeschriebene Rahmenvertrag soll voraussichtlich zum 01.04.2018 in Kraft treten.
Ob die Antragstellerin sich an der Ausschreibung beteiligt hat, hat sie nicht mitgeteilt.
Am 24.11.2017 hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Frankfurt gestellt, von wo das Verfahren mit Beschluss vom 05.12.2017 an das örtlich zuständige Sozialgericht Wiesbaden abgegeben wurde, wo es am 12.12.2017 angelegt werden konnte.
Die Beteiligten streiten in erster Linie um die (Vor-)Frage, ob für das Verfahren überhaupt der Sozialrechtsweg gegeben ist.
Die Antragstellerin ist der Rechtsauffassung, dass der Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet sei; die abdrängende Sonderzuweisung der §§ 51 Abs. 3 SGG i. V. m. § 69 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei nicht einschlägig. Die Antragstellerin führt zur Begründung dieser Rechtsauffassung aus, dass die Ausführungen des OLG Düsseldorf in dem Beschluss vom 21.12.2016 (Aktenzeichen: VII-Verg 26/16) unschlüssig und in sich widersprüchlich seien. Denn nach der in diesem Beschluss geäußerten Rechtsauffassung seien auch dem SGB V entstammende Gründe, die einer Ausschreibung widersprächen und diese zu verhindern geeignet seien (wie insbesondere aus § 127 Abs. 1 SGB V), ausnahmslos von den Vergabeinstanzen zu überprüfen und zu entscheiden; gleichzeitig habe das Gericht aber festgestellt, dass § 127 Abs. 1 SGB V aufgrund europarechtlicher Vorgaben unangewendet zu bleiben habe, soweit er die Beschaffung von Hilfsmitteln und diesbezüglichen Beratungsleistungen von Zweckmäßigkeitsüberlegungen, welche die gesetzlichen Krankenkassen zuvor anzustellen hätten, abhängig mache. Im Ergebnis könne es nach dieser Rechtsprechung unter keinen Umständen zu einer Überprüfung einer Vergabeentsche...