Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Klage: Abänderung eines geschlossenen Vergleichs. künftige und weitere Leistung anderen Leistungsinhalts. Vorverfahren gem § 78 SGG. beschränkter Regelungscharakter eines Vergleichs. Änderung des medizinischen Lebenssachverhalts. Vertragsanpassung
Orientierungssatz
1. Zur Unzulässigkeit einer Klage auf Abänderung eines Vergleichs gem § 101 SGG, mit der die Klägerin über den Vergleich hinaus eine künftige und weitere Leistung anderen Leistungsinhalts ohne das erforderliche Vorverfahren gem § 78 SGG geltend macht.
2. Der Vergleich kann nur den Streitgegenstand regeln, der ihm durch den Lebenssachverhalt vorgegeben wird. Daraus folgt gerade im Sozialrecht der beschränkte Regelungscharakter eines Vergleichs (vgl LSG Stuttgart vom 29.4.2014 - L 6 VK 934/12).
3. Durch den Vergleich soll lediglich eine Rücknahme nach § 45 SGB 10 bzw eine Überprüfung nach § 44 SGB 10 ausgeschlossen werden (vgl LSG Stuttgart vom 1.9.1999 - L 8 U 23/99; vgl LSG Stuttgart vom 9.6.2011 - L 10 R 3494/08), nicht aber eine Neufeststellung gem § 48 SGB 10.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin streitet im vorliegenden Verfahren um die Abänderung eines am 21.3.2018 geschlossenen gerichtlichen Vergleiches.
In dem zugrundliegenden Rechtsstreit S 19 U 134/14 stritt die Klägerin um die Anerkennung weiterer Unfallfolgen und die Gewährung einer Rente wegen der Unfallfolgen ihres Arbeitsunfalls vom 31.10.2012. Nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Dr. J. vom 2.3.2016 und dessen ergänzender Stellungnahme vom 23.5.2016 sowie der Durchführung eines Erörterungstermins am 10.1.2017 und Einholung einer weiteren ergänzenden Stellungnahme des Dr. J. vom 3.7.2017 unterbreitete die Klägerin nach vergeblichen Versuchen des Gerichtes einen eigenen Vergleichsvorschlag, überreicht durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten in dessen Schriftsatz vom 8.3.2018. Ziffer 1 des von ihr vorgeschlagenen Vergleichs lautete: „Die Beklagte erklärt sich bereit, die Kosten für die aufgrund der Unfallfolgen erforderliche Therapie bei Frau Dr. D. bis zum Abschluss der bereits genehmigten 10 Einheiten sowie die Kosten für die bei der Praxis E. geplante Blocktherapie und ein weiteres Abschlussgespräch bei Frau Dr. D. zu übernehmen. Hierbei können auch die Ereignisse des Aufenthaltes in der BG-Unfallklinik vom 18. bis 20.12.2013 und der psychologischen Untersuchungen in der Praxis E. vom 21.02.2014 und 14.03.2014 besprochen werden.“ Es folgten weitere Ziffern des Vergleichs. Die Beklagte stimmte durch Schriftsatz vom 19.3.2018 dem Vergleichsvorschlag der Klägerin vollumfänglich zu.
Nunmehr führte die Beklagte durch Bescheid vom 4.4.2018 den geschlossenen Vergleich aus. Sie hob den Bescheid vom 2.5.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.2014 auf. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls gewährte sie eine Rente für den Zeitraum vom 26.11.2012 bis 30.11.2014 nach einer MdE von 20 % wegen einer unfallbedingten Anpassungsstörung. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 27.4.2018 Widerspruch ein. Durch Schreiben vom 3.5.2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ein Widerspruch gegen die durch Vergleich geregelten Punkte nicht möglich sei. Der Bescheid setze lediglich den Vergleich um. Die Klägerin bat durch Schreiben vom 16.5.2018 um Übersendung der ärztlichen Feststellungen, auf welche sich in Absatz 4 des Bescheides vom 4.4.2018 berufen werde. Durch Bescheid vom 17.9.2018 half die Beklagte dem Widerspruch vom 30.4.2018 gegen den Bescheid vom 4.4.2018 in vollem Umfang ab. Der Bescheid vom 4.4.2018 wurde aufgehoben. Die Beklagte übernahm nunmehr im Bescheid vom 17.9.2018 den Wortlaut des geschlossenen Vergleiches.
Am 20.9.2018 rief die Therapeutin D. bei der Beklagten an. Durch Schreiben vom 23.9.2018 wandte sich die Klägerin erneut an die Beklagte und begehrte 5 bis 10 EMDR-Sitzungen bei Frau Dr. D. und parallel ambulante Unterstützung durch ein- bis zweimal wöchentlich Fango und manuelle Therapie. Am 10.10.2018 informierte die Therapeutin D. die Beklagte darüber, dass die Klägerin weitere Therapien beantragt habe, ohne Rücksprache mit ihr zu halten. Am 15.10.2018 teilte die Therapeutin D. mit, die letzte Stunde durchgeführt zu haben. Der letzte der vereinbarten und durch Vergleichsschluss vereinbarten Termine wurde durchgeführt. Ferner wurde eine Blocktherapie beim PZDT zugesagt und abschließend ein Gespräch bei Frau D. Diese berichtete am 15.10.2018 nach insgesamt 25 durchgeführten Sitzungen über die Behandlung der Klägerin. Für sie befremdlich sei, dass die Klägerin ohne Rücksprache mit ihr bei der Beklagten weitere Therapiestunden beantragt habe. Das spreche gegen ein therapeutisches Bündnis auf Augenhöhe. Eine weitere Therapie käme deshalb nicht infrage. Gegen den Bescheid vom 17.9.2018. legte die ...