Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Befreiung von Preisabschlägen für einen Importeur patentgeschützter Arzneimittel
Orientierungssatz
1. Die Krankenkassen erhalten nach § 130 a Abs. 1 SGB 5 von den Apotheken für abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 6 % des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Das pharmazeutische Unternehmen ist verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten.
2. Ein Ausnahmefall als besonderer Grund für die Nichterhebung des Preisabschlags nach § 130 a Abs. 1 a SGB 5 liegt nach der maßgeblichen europäischen Richtlinie 89/105/EWG dann vor, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens durch die Erhöhung des Geschäftsführergehalts im pharmazeutischen Unternehmen durch die Erhöhung der gesetzlichen Preisabschläge nach § 130 a SGB 5 gefährdet ist. Allein die Erhöhung des Geschäftsführergehalts des Pharma-Unternehmens bei unveränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen rechtfertigt nicht die Annahme eines Ausnahmefalles. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens selbst gilt hierdurch nicht als gefährdet.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Befreiung von Preisabschlägen nach § 130a Abs. Abs. 1, 1a und Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Mit Schreiben vom 5. August 2010 bestätigte das Bundesministerium für Gesundheit der Klägerin den Eingang des Antrages vom 3. August 2010 auf Ausnahme von erhöhten Herstellerrabatten. Die Klägerin ist als Parallel-Importeur von patentgeschützten Arzneimitteln tätig. Sie ist in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert. Ihr einziger Geschäftsführer, Dr. Q. QQ., ist Alleingesellschafter der Klägerin. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2010 wies das Bundesministerium für Gesundheit die Klägerin darauf hin, dass die Aufgaben nach § 130a Abs. 4 Satz 2 SGB V auf die Beklagte übertragen worden seien. Die Klägerin wurde gebeten, dort vollständige Antragsunterlagen einzureichen.
Dort stellte die Klägerin am 10. März 2011 (nochmals) den Antrag auf Reduktion des Herstellerrabatts nach § 130a Abs. 1a SGB V ab 1. August 2010 und auf Befreiung vom Preismoratorium nach § 130a Abs. 3a SGB V ab 1. August 2010. Dazu legte sie verschiedene Anlagen vor. Unter anderem reichte sie ein Gutachten der vereidigten Buchprüferin XX zu den Auswirkungen der Herstellerrabatte und des Preismoratorium nach § 130a SGB V vom 4. März 2011 ein. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ohne Befreiung vom erhöhten Herstellerrabatt und ohne Befreiung vom Preismoratorium im Jahr 2011 einen Verlust von 86.207 Euro erwirtschaften wird. Außerdem prognostizierte das Gutachten, dass die Klägerin mit einer Befreiung vom erhöhten Herstellerrabatt und ohne Befreiung vom erhöhten Preismoratorium im Jahr 2011 eine Verlust von 53.003 Euro erreichen wird und wies darauf hin, dass mit einer Absenkung des Herstellerrabatts und mit einer Befreiung vom Preismoratorium im Jahr 2011 ein Gewinn von 24.080 Euro zu erwarten sei.
Mit Schreiben vom 16. März 2011 stellte die Beklagte bei der Klägerin Nachfragen zu dem von ihr gestellten Antrag. Sie wollte wissen, ob weitere Löhne außer dem Geschäftsführergehalt gezahlt würden und ob ohne eine Erhöhung des Geschäftsführergehalts im Jahr 2010 ein positives Ergebnis erzielt worden wäre. Außerdem fragte die Beklagte nach, warum dem Alleingesellschafter im Jahr 2010 Darlehen zurückgezahlt worden seien und ob der Alleingesellschafter der Klägerin weitere Darlehen gewähren könne. Die Klägerin antwortete, dass außer dem Geschäftsführergehalt keine weiteren Löhne gezahlt würden. Die Erhöhung des Geschäftsführergehalts beruhe auf der positiven Geschäftsentwicklung der Klägerin. Ohne einen Anstieg des Geschäftsführergehalts wäre im Jahr 2010 ein positives Ergebnis in Höhe von 39.799 Euro erzielt worden und bei Zugrundelegung eines fiktiven Gehaltes von 100.000 Euro hätte das Jahresergebnis im Jahr 2010 73.644 Euro betragen. Mit diesem Schreiben legte die Klägerin auch drei Kreditverträge vor und wies darauf hin, dass weitere Kredite in Höhe von 45.000 Euro im Jahr 2011und 2012 fällig würden und der Alleingesellschafter keine weiteren Kredite an die Klägerin gewähren könne. Später legte die Klägerin der Beklagten Unterlagen zur aktuellen finanziellen Lage der Klägerin vor und wies auf die Reduzierung des Geschäftsführergehaltes im März 2011 hin.
Mit Bescheid vom 14. April 2011 lehnte die Beklagte die Reduzierung des Herstellerrabatts nach § 130a Abs. 1a SGB V und die Befreiung vom Preismoratorium nach § 130a Abs. 3a SGB V ab und begründete dies damit, dass der Saldo für Januar und Februar 2011 insgesamt positiv sei und dass das Geschäftsführergehalt verbunden mit einer Anpassung der wöchentlichen Arbeitszeit von 8 auf 4 Stunden erst im März 2011 reduziert worden sei. Ein Kausalzusammenhang zwischen finanziell...