Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung des Arbeitslosengeld II. Verweigerung des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung. Ersetzungsbescheid. Verweigerung der Teilnahme an einem Integrationssprachkurs trotz fehlender Deutschsprachkenntnis
Orientierungssatz
1. Eine Sanktion wegen Verweigerung des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung nach § 31 SGB 2 aF darf auch nach Erlass eines Ersetzungsbescheides iS von § 15 Abs 1 S 6 SGB 2 ergehen.
2. Zur Rechtmäßigkeit der Verhängung einer Sanktion nach § 31 SGB 2 aF, wenn ein Hilfebedürftiger mit Migrationshintergrund und nicht ausreichenden Deutschsprachkenntnissen sich weigert an einem im Ersetzungsbescheid auferlegten Integrationssprachkurs teilzunehmen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines gegen die Klägerin gerichteten Sanktionsbescheides.
Die 1968 geborene Klägerin, türkische Staatsangehörige, bezieht als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II).
Am 18.11.2009 hatte die Klägerin in Begleitung ihres Ehemannes, Herrn F.A., ein Beratungsgespräch beim Beklagten wahrgenommen. Bei diesem Gespräch war der Versuch unternommen worden, eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Ziel abzuschließen, dass die Klägerin ca. dreimal pro Woche vormittags an einem Integrationssprachkurs an der Volkshochschule (VHS) in B-Stadt teilnehmen soll. Das Zustandekommen einer entsprechenden Vereinbarung scheiterte jedoch; die Gründe hierfür ergeben sich aus den in der Behördenakte befindlichen Gesprächsvermerken (Blatt 839, 840).
Mit Bescheid vom 18.11.2009 erließ der Beklagte einen Verwaltungsakt gleichen Inhaltes, der die beabsichtigte Eingliederungsvereinbarung ersetzte (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II, Blatt 836 der Behördenakte). Gegen diesen Verwaltungsakt hatte die Klägerin Widerspruch erhoben, welcher mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 02.03.2010 zurückgewiesen wurde. Hiergegen hatte die Klägerin, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben (Aktenzeichen: S 12 AS 306/10). In der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2013 hatten die Beteiligten den Rechtsstreit bezüglich des Bescheides vom 18.11.2009 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
Da sich die Klägerin nicht, wie ihr durch den Bescheid vom 18.11.2009 aufgegeben worden war, bis zum 20.01.2010 bei der VHS angemeldet hatte, erließ der Beklagte am 28.01.2010 den streitgegenständlichen Sanktionsbescheid, mit welchem der der Klägerin zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.02.2010 bis 30.04.2010 monatlich um 30 v. H. der maßgeblichen Regelleistung (= 96,90 Euro) abgesenkt wurde (Blatt 852 der Behördenakte). Gegen diesen Bescheid hatte die Klägerin Widerspruch erhoben, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2010 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Am 11.06.2010 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen den Sanktionsbescheid. Mit Beschluss vom 24.09.2010 wurde der Klägerin unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt.
Am 04.10.2010 hat die Klägerin sodann ihre Klage eingereicht und zugleich wegen Versäumung der Klagefrist Widereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Sie ist der Auffassung, dass der angefochtene Sanktionsbescheid rechtswidrig sei. Auch die zugrundeliegende Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt sei nicht zu Recht erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Arbeitsgemeinschaft BX-Stadt vom 28.01.2010 und den Widerspruchsbescheid der Arbeitsgemeinschaft BX-Stadt vom 19.05.2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte des beigezogenen Verfahrens zu Aktenzeichen S 12 AS 306/10 sowie auf die beigezogenen Behördenakten (3 Bände) Bezug genommen. Die bezeichneten Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Zwar ist die Klageschrift erst nach Ablauf der Klagefrist (vgl. § 87 SGG) bei Gericht eingegangen. Der Klägerin war jedoch auf ihren Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 SGG), da sie ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Klagefrist einzuhalten; die Entscheidung über ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war nämlich erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist ergangen, sodass dem Antrag stattzugeben war.
Die mithin zulässige Klage erweist sich jedoch als unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 28.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2010 ist rechtmäßig und stellt für die Klägerin keine Beschwer im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG dar.
Rechtsgrundlage für den Sanktionsbescheid ist § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ...