Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Arzneimittelversorgung. Abrechnung unvermeidbarer Verwürfe bei der Herstellung von Zubereitungen mit Bortezomib
Orientierungssatz
Zur Abrechnungsfähigkeit unvermeidbarer Verwürfe nach Ziffer 3.6 der Anlage 3 Teil 1 zur Hilfstaxe bei der Herstellung von zytostatikahaltigen parenteralen Lösungen mit dem Wirkstoff Bortezomib.
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 33.620,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.497,26 € ab dem 18.05.2013, aus 2.989,86 € ab dem 13.06.2013, aus 1.497,28 € ab dem 11.07.2013, aus 1.501,98 € ab dem 13.08.2013, aus 1.000,97 € ab dem 16.09.2013, aus 1.000,62 € ab dem 14.10.2013, aus 1.500,93 € ab dem 14.11.2013, aus 1.496,58 € ab dem 13.12.2013, aus 3.462,53 € ab dem 12.03.2014, aus 3.197,75 € ab dem 10.04.2014, aus 5.712,11 € ab dem 14.05.2014, aus 4.844,64 € ab dem 14.06.2014, aus 1.126,31 € ab dem 12.07.2014, aus 1.237,89 € ab dem 13.08.2014 und aus 1.553,74 € ab dem 12.09.2014 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 33.620,45 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Retaxierungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Abrechnung von Zubereitungen mit dem Wirkstoff Bortezomib im Zeitraum von April 2012 bis August 2013.
Der Kläger ist Inhaber einer Apotheke. Aufgrund verschiedener Verordnungen gab er an mehrere bei der Beklagten Versicherte jeweils zytostatikahaltige Injektionslösungen mit dem Wirkstoff Bortezomib ab, die aufgrund ärztlicher Verordnung patientenindividuell unter aseptischen Bedingungen in der Apotheke des Klägers hergestellt wurden.
Von der Firma Janssen-Cilag ist unter dem Namen Velcade(r) die kleinste Packungsgröße mit 3,5 mg Bortezomib erhältlich. In der Fachinformation zu Velcade(r) heißt es in Ziffer 6.3.: "Die gebrauchsfertige Losung muss unverzüglich nach der Zubereitung verwendet werden. Wenn sie nicht unverzüglich eingesetzt wird, ist der Anwender für die Dauer und die Bedingungen der Aufbewahrung vor der Anwendung verantwortlich. Die chemische und physikalische Stabilität der gebrauchsfertigen Lösung wurde für 8 Stunden bei 25 °C in der Originaldurchstechflasche und/oder einer Spritze belegt. Vor der Anwendung darf die gesamte Aufbewahrungsdauer für das gebrauchsfertige Arzneimittel einen Zeitraum von 8 Stunden nicht überschreiten."
Durchschnittlich erhält ein Patient eine Dosis von ca. 2,4 mg. In der Folge rechnete der Kläger zwischen April 2012 und August 2013 neben den an die Versicherten abgegebenen Wirkstoffmengen auch die nach Ablauf von 8 Stunden unverwendeten Restmengen, sog. Verwurf, bei der Beklagten ab.
Die Beklagte beanstandete im Zeitraum von April 2012 bis August 2013 im Rahmen ihrer Rezeptprüfung mehrere Rezepte mit der Begründung, dass die Verwürfe vermeidbar gewesen seien. Gegen diese Taxbeanstandungen erhob der Kläger Einwände. Nach Anforderung von Tages- und Herstellungsprotokollen erschienen der Beklagten die abgerechneten Verwürfe nicht gerechtfertigt. Die Beklagte hielt weiter an den Taxbeanstandungen fest und rechnete die Absetzungen in Höhe von insgesamt 33.620,45 € mit Forderungen aus laufenden unstreitigen Arzneilieferungen auf.
Am 14.07.2014 hat der Kläger Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, dass der Vergütungsanspruch auch den abgerechneten Verwurf umfasse. Die von ihm abgerechneten Verwürfe seien tatsächlich angefallen und seien unvermeidbar gewesen. Ausweislich der Fachinformationen des verwendeten Arzneimittels Velcade(r) sei die Haltbarkeit der angefallenen Anbrüche überschritten gewesen. Die gebrauchsfertige Lösung sei nur für maximal 8 Stunden physikalisch und chemisch stabil. Bei der Fachinformation handele es sich um den zur Feststellung der Stabilität des Anbruchs einzig maßgeblichen Erkenntnisstand. Die Regelung in der Hilfstaxe Teil 1 Anhang 3 richte sich nach dieser Fachinformation. Die Beklagte könne vom Kläger nicht fordern, dass er entgegen den Vorgaben in der Fachinformation aus einer über die dort angegebene Zeitspanne hinaus angebrochenen Arzneimittelteilmenge ein Arzneimittel herstelle. Ein solches Arzneimittel sei zwangsläufig als bedenklich anzusehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 33.620,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.497,26 € ab dem 18.05.2013, aus 2.989,86 € ab dem 13.06.2013, aus 1.497,28 € ab dem 11.07.2013, aus 1.501,98 € ab dem 13.08.2013, aus 1.000,97 € ab dem 16.09.2013, aus 1.000,62 € ab dem 14.10.2013, aus 1.500,93 € ab dem 14.11.2013, aus 1.496,58 € ab dem 13.12.2013, aus 3.462,53 € ab dem 12.03.2014, aus 3.197,75 € ab dem 10.04.2014, aus 5.712,11 € ab dem 14.05.2014, aus 4.844,64 € ab dem 14.06.2014, aus 1.126,31 € ab dem 12.07.2014, aus 1.237,89 € ab dem 13.08.2014 und aus 1.553,74 € ab dem 12.09.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Fachinformationen des Herstellers des in den onkologischen Zubereitungen ver...