Dr. jur. Sven Ufe Tjarks, Dr. iur. Stefan Lammel
Zusammenfassung
Bei Gründung einer Unternehmergesellschaft ("UG (haftungsbeschränkt)") kann der von der Gesellschaft selbst zu tragende Gründungsaufwand in der Satzung gesellschaftsrechtlich in Höhe des vereinbarten Stammkapitals festgelegt werden. Allerdings muss die Gesellschaft dann Maßnahmen zur Vermeidung einer Überschuldung treffen.
Hintergrund
Im Gesellschaftsvertrag einer UG (haftungsbeschränkt) vereinbarten die Gründungsgesellschafter, dass das Stammkapital 1.000,00 EUR beträgt und die Gesellschaft die Gründungskosten ebenfalls bis zu einem Betrag von 1.000,00 EUR tragen sollte. Das Registergericht hielt die Übernahme der Gründungskosten in Höhe von 100% des Stammkapitals für nicht angemessen und verweigerte die Eintragung der Gesellschaft. Denn angemessen seien höchstens 300,00 EUR. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der Gesellschaft gab das Kammergericht statt.
Kammergerichts, Beschluss v. 31.7.2015, 22 W 67/14
Das Kammergericht stellt klar, dass die Eintragung einer Gesellschaft wegen einer Bestimmung im Gesellschaftsvertrag nur dann abgelehnt werden darf, wenn hierdurch Vorschriften verletzt werden, die ausschließlich oder überwiegend dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger oder öffentlichen Interessen dienen. Eine Verletzung des auf die UG (haftungsbeschränkt) entsprechend anwendbaren § 26 Abs. 2 AktG sah der Senat in der beanstandeten Regelung jedoch nicht. § 26 Abs. 2 AktG stelle lediglich sicher, dass in der Satzung offen gelegt wird, inwieweit das Grundkapital durch Gründungsaufwand vorbelastet sei. Diese Vorschrift sei nicht schon dann verletzt, wenn der Gründungsaufwand genau dem Stammkapital entspreche. Durch die Deckelung auf die Höhe des Stammkapitals sei ausgeschlossen, dass die neue Gesellschaft allein aufgrund des Gründungsaufwands bilanziell überschuldet ins Leben trete. Auch seien die Gläubiger durch die Firmierung als "UG" und den zwingenden Zusatz “haftungsbeschränkt” auf Risiken hingewiesen und könnten sich aus dem Gesellschaftsvertrag über die Vorbelastung des Stammkapitals durch Gründungskosten informieren.
Regelungslücke im GmbH-Gesetz
Das auf die UG (haftungsbeschränkt) anwendbare GmbH-Gesetz enthält keine Regelung zur Übernahme des Gründungsaufwands. Nach allgemeiner Auffassung ist die Höhe der von der Gesellschaft übernommenen Kosten in der Satzung entsprechend § 26 Abs. 2 AktG anzugeben. Die Registergerichte akzeptieren üblicherweise zumindest bei einem Mindeststammkapital von 25.000,00 EUR Gründungskosten von bis zu 10% des Stammkapitals ohne weitere Nachweise. Jedoch war bislang ungeklärt, ob es eine Angemessenheitsgrenze für die Höhe des Gründungsaufwandes gibt und, wenn ja, wo diese liegt. Der Beschluss des Kammergerichts ist insofern überraschend, als danach der gesellschaftsvertraglich bestimmte Gründungsaufwand bis zu 100 % des Stammkapitals entsprechen kann. Das vom Registergericht angeführte Musterprotokoll, das in Ziff. 5 die Übernahme von Gründungskosten bis zur Höhe von 300,00 EUR, maximal jedoch bis zur Höhe des Stammkapitals vorsieht, spricht nicht gegen die Auffassung des Kammergerichts. Es erlaubt ausdrücklich das gesamte zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen für die Gründungskosten zu nutzen, falls dieses 300,00 EUR nicht übersteigt. Allerdings hätte die Gesellschaft dann nach der Gründung kein Vermögen mehr und müsste in den meisten Fällen Insolvenz anmelden, so dass in jedem Fall zusätzliche Betriebsmittel zugeführt werden müssen (als Darlehen, Einlagen in die Kapitalrücklagen o.ä.).
Klärung durch BGH steht noch aus
Die Rechtsfrage ist noch nicht abschließend durch den BGH geklärt. Das OLG Hamburg hatte entschieden, dass eine UG Gründungskosten in Höhe von 70% des Stammkapitals übernehmen darf (OLG Hamburg, Beschluss v. 18.3.2011, 11 W 19/11), das OLG Celle hielt hingegen eine Übernahme der Gründungskosten in Höhe von 60% des Stammkapitals bei einer GmbH für unangemessen (OLG Celle, Beschluss v. 22.10.2014, 9 W 124/14).
Zur Vermeidung von Zeitverzögerungen bei der Gründung und möglichen Verstößen gegen die Kapitalaufbringung und Erhaltung empfiehlt sich daher, den durch das Kammergericht eröffneten Spielraum nicht auszureizen, sondern konservativer nur einen geringeren Teil des Stammkapitals für die Gründungskosten einzusetzen. Die Gesellschaft wird so oder so mehr Geld benötigen, das die Gesellschafter zur Verfügung stellen werden müssen.