Thomas Busching, Knut Unger
Rz. 155
Das Judicial Management ist am ehesten mit einer Zwangsverwaltung vergleichbar. Ziel ist es, der "lebensfähigen" Gesellschaft einen gewissen Freiraum zur Reorganisation und Restrukturierung zu geben. Einen erfolgreichen Antrag bei Gericht zur Bestellung eines Judicial Managers setzt voraus, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass die Gesellschaft zahlungsunfähig ist oder Zahlungsunfähigkeit droht und dass das Überleben der Gesellschaft als going concern gesichert werden kann oder eine im Vergleich zu einer Liquidation vorteilhaftere Veräußerung des Gesellschaftsvermögens erreichbar ist. Eine Bestellung eines Judicial Managers ohne Einbindung des Gerichts ist möglich, wenn alle Gläubiger der Bestellung eines solchen zustimmen.
Rz. 156
Sobald eine Gesellschaft dem Judicial Management unterstellt ist, werden Receiver oder andere Konkursverwalter sowie die bestehende Geschäftsführung von ihren Ämtern entlassen. Ab dem Zeitpunkt der Antragstellung besteht ein vollständiger Gläubigerschutz. Sicherheiten können ohne Zustimmung des Judicial Managers oder des Gerichts nicht realisiert und Titel nicht vollstreckt werden. Auch Gerichtsverfahren dürfen nicht ohne weitere Zustimmung angestrengt werden, insbesondere Anträge auf Insolvenzeröffnung sind nicht mehr zulässig.
Rz. 157
Mit Antragstellung hat der Antragsteller eine Person als judicial manager vorzuschlagen. Diese Person muss ein licensed insolvency practitioner sein. Als licensed insolvency practitioner kommen grundsätzlich nur Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und qualifizierte Buchhalter, sog. Chartered Accountants nach dem Singapore Accountancy Commission Act (Cap. 294B), in Betracht. Allerdings können Wirtschaftsprüfer, die für die Gesellschaft tätig sind, nicht als Judicial Manager der Gesellschaft bestellt werden. Hinzukommt, dass die nominierte Person eine eidesstattliche Erklärung abzugeben hat, dass die Aufnahme ihrer Tätigkeit als Judicial Manager keinem Interessenkonflikt unterworfen ist.
Rz. 158
Das Gericht kann nach Ermessen eine Nominierung ablehnen und eine andere Person an Stelle des Kandidaten des Antragstellers ernennen. Handelt es sich bei dem Antragsteller um die Gesellschaft selbst, können sich die Gläubiger der Nominierung widersetzen und eine andere Person aufstellen lassen, sofern sie eine zahlenmäßige und wertmäßige Abstimmungsmehrheit besitzen und das Gericht die vorgebrachten Gründe als ausreichend erachtet.
Rz. 159
Sobald eine Gesellschaft dem Judicial Management unterstellt ist, muss dies innerhalb von drei Tagen in der Gazette veröffentlicht und ACRA mitgeteilt werden. Gläubiger der Gesellschaft, sofern bekannt, müssen innerhalb von 28 Tagen über die Tatsache informiert werden. Nachdem eine solche Mitteilung ergangen ist, sind die Geschäftsführer und der Company Secretary verpflichtet, innerhalb von weiteren 28 Tagen ein Statement of Affairs vorzulegen. Die Frist kann nach Ermessen des Judicial Managers verlängert werden, maximal jedoch bis zu zwei Monaten. Im Statement of Affairs sind unter eidesstattlicher Versicherung Angaben zu den Vermögensverhältnissen der Gesellschaft zu machen, wie beispielsweise Aktiva, Schulden und Verbindlichkeiten, sowie Informationen über Sicherheiten und die Gläubiger der Gesellschaft zu geben.
Rz. 160
Zu den Aufgaben des Judicial Manager gehört es, innerhalb von 90 Tagen eine Aufstellung seiner Vorschläge zur Fortführung der Gesellschaft zusammenzustellen (Statement of Proposal) und der Gläubigerversammlung vorzulegen. Eine Fristverlängerung ist einmalig bis zu 60 Tagen möglich, wenn entweder das Gericht dem stattgibt oder die Mehrheit der Gläubiger dem zustimmt. Der Statement of Proposal ist von der Gläubigerversammlung zu bestätigen bzw. einvernehmlich mit dem Judicial Manager abzuändern. Kommt keine Einigung zustande, entscheidet das Gericht, wie weiter verfahren wird, was auch die Aufhebung der Zwangsverwaltung umfassen kann.
Rz. 161
Die Gläubiger können ferner eine Kommission zur Überwachung des Judicial Managers einsetzen, die zwar nicht in die Geschäftsführung der Gesellschaft eingreifen kann, jedoch weitgehende Informationsrechte hat. Darüber hinaus können Gläubiger und Gesellschafter, die sich benachteiligt fühlen, gerichtliche Abhilfe ersuchen.
Rz. 162
Grundsätzlich wird ein Judicial Manager für 180 Tage bestellt. Nach Ablauf dieser Frist endet die Zwangsverwaltung. Allerding kann die Frist auf gerichtlichen Antrag oder mittels Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger verlängert werden. Im letzteren Fall ist eine Verlängerung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und auch nur einmalig für maximal weitere sechs Monate.