Leitsatz
Eheleute hatten als gleichberechtigte Mitdarlehensnehmer einen Darlehensvertrag abgeschlossen, der in vollem Umfang der Umschuldung anderer Kreditverpflichtungen, die sie zur Bestreitung der ehelichen Lebensverhältnisse eingegangen waren, dienen sollte.
Die Ehefrau wandte sich gegen ihre Inanspruchnahme aus dem Darlehensvertrag und berief sich auf die Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit des Vertrages. Das LG hat ihr die beantragte Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung nicht gewährt.
Die hiergegen von ihr eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des LG, wonach der Beklagten Prozesskostenhilfe nicht zu gewähren war.
Sie habe den Darlehensvertrag als gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin neben ihrem Ehemann abgeschlossen. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Ehegattenbürgschaften (s. hierzu: BVerfG, NJW 1994, 36, 39 und NJW 1994, 2749, 2750; BGH, NJW 2001, 815 ff.; Palandt/Heinrichs, BGB - 64. Aufl., § 138 Rz. 376 ff. m.w.N.) seien auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Die zur Bürgschaft des Ehegatten entwickelten Grundsätze seien zwar auch auf andere Arten der Mithaftung anwendbar, wenn diese nur aus emotionaler Verbundenheit übernommen worden und erkennbar Ausdruck einer strukturellen Unterlegenheit des mithaftenden Ehegatten sei.
Diese Grundsätze fänden aber keine Anwendung, wenn die Kreditaufnahme auch im eigenen Interesse des mithaftenden Ehegatten erfolgt sei und die Auszahlung und Mittelverwendung auch von seiner Mitentscheidung abhänge. Eben diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben.
Das von der Beklagten und ihrem Ehemann aufgenommene Darlehen habe voll umfänglich der Umschuldung anderer Kreditverpflichtungen gedient, die zur Bestreitung der ehelichen Lebensverhältnisse eingegangen worden seien.
Dass das von der Klägerin gewährte Darlehen mit einer krassen Überforderung der Darlehensnehmer verbunden gewesen wäre, ergebe sich aus dem Parteivortrag nicht. Bei Darlehensnehmern, die - wie im vorliegenden Fall - ein gemeinsames Interesse an der Kreditgewährung hätten, sei zur Beurteilung einer möglichen krassen finanziellen Überforderung das gesamte Familieneinkommen zugrunde zu legen (BGH, NJW-RR 2004, 924, 925). Aus dem zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme erzielten Familieneinkommen hätten die Tilgungsraten erbracht werden können, eine den Darlehensnehmern nachteilige Einkommensänderung sei nicht abzusehen gewesen.
Für eine Ausnutzung geschäftlicher Unerfahrenheit seitens der Klägerin gebe es keine Anhaltspunkte. Es habe der Beklagten und ihrem Ehemann freigestanden, sich in eigener Verantwortung zu Geschäften zu entschließen, die sie finanziell belasteten. Eine Finanzierung der ehelichen Lebensgemeinschaft auf Pump führe nicht zur Sittenwidrigkeit des Vertrages nach § 138 BGB.
Hinweis
Das OLG Frankfurt hat zu Recht in dem entschiedenen Fall eine bloße Mithaftung der von der Kreditgläubigerin in Anspruch genommenen Ehefrau abgelehnt und sie vielmehr als echte Mitschuldnerin betrachtet mit der Folge, dass ihre schwache wirtschaftliche Situation sie vor einer Inanspruchnahme der Gläubigerin nicht schützte. Nach der Rechtsprechung des BGH ist echter Mitschuldner derjenige, der ein eigenes Interesse an der Kreditaufnahme hat und als im Wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf, wobei die tatsächlichen Verhältnisse und nicht die Bezeichnung im Vertragstext maßgeblich sind.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.10.2005, 24 W 64/05