Rz. 98
Begrifflich ist zwischen dem Nachlassverfahren (zapuščinski postopek) und der Nachlassabhandlung (zapuščinska obravnava), die Teil des Nachlassverfahrens ist, zu unterscheiden. Das Nachlassverfahren wird mit dem Bekanntwerden des Todesfalles oder einer Todeserklärung von Amts wegen eröffnet (Art. 164 ErbG). Parteien des Nachlassverfahrens sind die Erben und Vermächtnisnehmer sowie Personen, die ein Recht am Nachlass geltend machen (Art. 175 ErbG), z.B. Gläubiger, die eine Nachlassseparation (Art. 143 ErbG) verlangen.
Rz. 99
Als verpflichtende vorbereitende Handlung sieht das ErbG die Abfassung der Todesfallaufnahme (Art. 179–183 ErbG) vor; sie erfolgt grundsätzlich durch den Standesbeamten und nur ausnahmsweise durch das Nachlassgericht. Weitere mögliche vorbereitende Handlungen sind die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses (Art. 184 ff. ErbG), die Sicherung des Nachlasses (Art. 191 ErbG) und die Bestellung eines einstweiligen Nachlasspflegers (Art. 192 ErbG).
Rz. 100
Hinterlässt der Erblasser kein Vermögen (dies folgt aus der Todesfallaufnahme), findet keine Nachlassabhandlung statt (Art. 203 Abs. 1 ErbG), hinterlässt er ausschließlich bewegliches Vermögen, wird sie nur auf Antrag eines Erben durchgeführt (Art. 203 Abs. 2 ErbG).
Rz. 101
Zu einer Nachlassabhandlung werden alle "betroffenen" Personen geladen (Art. 205 ErbG). Gegenstand der Nachlassabhandlung sind gemäß Art. 207 Abs. 1 ErbG "alle Fragen, die sich auf den Nachlass beziehen", z.B. Umfang des Nachlasses, Berufungsgründe, Erbunwürdigkeit, Enterbung, Rückgabe von Geschenken, Aussonderung gemäß Art. 32 ErbG. Über Rechtsfragen entscheidet das Gericht im Nachlassverfahren grundsätzlich selbst (vgl. Art. 210 Abs. 3 ErbG). Sind zwischen den Parteien des Nachlassverfahrens rechtserhebliche Tatsachen strittig, unterbricht das Gericht die Nachlassabhandlung und verweist auf den Zivilprozess oder das Verwaltungsverfahren (Art. 210 Abs. 1 ErbG). Art. 210 Abs. 2 ErbG führt u.a. an: Tatsachen, von denen ein Recht in Bezug auf den Nachlass abhängig ist, z.B. Gültigkeit des Testaments, Verhältnis zwischen dem Erben und Erblasser als Grundlage des gesetzlichen Erbrechts, Tatsachen, von denen die Höhe des Erbteils oder eine wirksame Enterbung abhängt. Geht es in diesen Fällen jedoch um eine Rechtsfrage und nicht um Tatsachen, entscheidet das Nachlassgericht (Art. 210 Abs. 3 ErbG). Zu einer Unterbrechung und Verweisung kommt es auch in den Fällen des Art. 212 ErbG, unabhängig davon, ob der Streit eine Rechtsfrage oder rechtserhebliche Tatsache betrifft, da diese Streitfälle nicht aus dem erbrechtlichen Verhältnis resultieren, sondern aus anderen vermögensrechtlichen Verhältnissen, die zu Lebzeiten des Erblassers entstanden sind. Bei einem Streit über ein Vermächtnis oder "ein anderes Recht aus dem Nachlass" kommt es zwar zu einer Verweisung, jedoch zu keiner Unterbrechung des Nachlassverfahrens (Art. 211 ErbG).
Rz. 102
Das Nachlassgericht verweist jene Partei auf den Zivilprozess (oder das Verwaltungsverfahren), deren Recht es für weniger glaubhaft hält. Unterbricht es darüber hinaus das Verfahren, so bestimmt es eine Frist, innerhalb welcher das Verfahren eingeleitet werden soll (Art. 213 ErbG). Wird dieses nicht fristgerecht eingeleitet, setzt das Nachlassgericht das Verfahren fort und beendet es ungeachtet der Ansprüche (Art. 213 Abs. 4 ErbG). Dennoch kann die Partei ihr Recht weiterhin im Zivilprozess (oder Verwaltungsverfahren) geltend machen (Art. 213 Abs. 5 ErbG).
Rz. 103
Der deklaratorische Beschluss über die Erbfolge beendet die Nachlassabhandlung. Bestehen keine Einwendungen gegen ein Vermächtnis, kann das Gericht auf Antrag des Vermächtnisnehmers bereits vor dem Beschluss über die Erbfolge einen Beschluss über das Vermächtnis erlassen (Art. 218 ErbG). Ein rechtskräftiger Beschluss über die Erbfolge bindet die am Verfahren Beteiligten, soweit sie ihren Anspruch nicht im Prozessweg geltend machen können, und nur soweit es um Rechte erbrechtlicher Natur geht, nicht jedoch bei Rechten aus einem anderen vermögensrechtlichen Verhältnis, das zu Lebzeiten des Erblassers entstanden ist, z.B. Anspruch des Ehegatten auf den Anteil am Gesamtgut (Art. 66, 71 ff. FamGB). Nach Rechtskraft des Beschlusses können die Betroffenen nur in bestimmten Fällen ihre Rechte im Prozessweg geltend machen.