Rz. 72

Eine vertragliche Verpflichtung des Testators, eine Bestimmung zu widerrufen oder nicht zu widerrufen, ist ungültig (Art. 105 ErbG). Ein gänzlicher oder teilweiser ausdrücklicher Widerruf erfolgt in Form eines Testaments, wobei für den Widerruf eine von der Errichtung abweichende Form gewählt werden kann (Art. 99 Abs. 1 ErbG), da alle Formen die gleiche Wirkung entfalten. Als stillschweigender Widerruf kommt eine Vernichtung des schriftlichen Testaments (Art. 99 Abs. 2 ErbG) oder die Errichtung eines neuen wirksamen Testaments mit abweichendem Inhalt in Betracht. Die Bestimmungen des früheren Testaments, die dem späteren nicht widersprechen, bleiben mangels ausdrücklichen Widerrufs des früheren Testaments gültig (Art. 101 Abs. 1 ErbG). Vernichtet der Erblasser das "jüngere" Testament, wird das "ältere" Testament wieder gültig (Art. 101 Abs. 2 ErbG).[191] Einen stillschweigenden Widerruf einer Zuwendung stellt auch die Verfügung über eine Sache dar, die der Testator jemandem zugewendet hat (Art. 102 ErbG). Ein Vermächtnis kann konkludent widerrufen werden, indem der Testator den Gegenstand des Vermächtnisses veräußert, verbraucht, dieser auf andere Weise bereits zu seinen Lebzeiten nicht mehr vorhanden ist oder nach seinem Tod zufällig untergeht (Art. 91 ErbG).[192]

[191] Der Beweis des gegenteiligen Erblasserwillens ist zulässig, Art. 101 Abs. 2 ErbG.
[192] Nach Zupančič/Žnidaršič Skubic, Rn 327, ist dies lediglich eine Vermutung, die durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden kann.

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