Leitsatz
Gegenstand der Entscheidung war die Frage der Anfechtbarkeit einer einstweiligen Anordnung zur elterlichen Sorge, vor deren Erlass von dem erstinstanzlichen Gericht zwar mündlich verhandelt worden war, jedoch abschließend nicht sogleich entschieden. Vielmehr waren weitere Versuche zur Etablierung eines begleiteten Umgangs unternommen worden.
Sachverhalt
Mit einstweiliger Anordnung vom 20.12.2005 hatte das FamG das Umgangsrecht des Kindesvaters mit dem aus seiner geschiedenen Ehe mit der Kindesmutter hervorgegangenen Kind geregelt. Nachdem der Umgang nicht zustande kam, ordnete das Gericht nach persönlicher Anhörung der Beteiligten vom 27.9.2006 mit Beschluss vom 4.10.2006 im Wege der einstweiligen Anordnung zur Durchführung des vorläufigen Umgangsrechts eine Umgangspflegschaft an, die den Umgang betreffenden Teilbereiche der elterlichen Sorge den sorgeberechtigten Eltern entzogen und auf einen Umgangspfleger übertrug.
Gegen diesen Beschluss legte die Kindesmutter sofortige Beschwerde ein. Das Rechtsmittel führte zur Aufhebung des Beschlusses, da die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten nach § 1666 BGB nicht zu erkennen gewesen seien.
Die anschließenden Versuche des FamG, einen betreuten Umgang für den Antragsteller in Gang zu setzen, blieben ohne Erfolg. Schließlich ordnete das FamG im Wege der einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 28.11.2007 eine erneute Umgangspflegschaft an und bestimmte einen Umgangspfleger.
Hiergegen legte die Kindesmutter erneut Beschwerde ein, die das OLG als unzulässig verwarf.
Entscheidung
In seiner Entscheidung hat das OLG ausgeführt, die Beschwerde der Kindesmutter sei unstatthaft nach § 620c S. 2 ZPO, da das FamG nicht aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden habe. Nach der gesetzlichen Regelung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren solle das Beschwerdegericht nur dann angerufen werden können, wenn das Gericht mit den Parteien mündlich verhandelt habe. Sei lediglich zu einem Teil des für die Entscheidung herangezogenen Sachverhalts mündlich verhandelt worden, sei diese Voraussetzung nicht gegeben. Es müsse dann vielmehr ein erneuter Antrag nach § 620b ZPO auf mündliche Verhandlung gestellt werden. Dieser sei auch dann zulässig, wenn das Gericht wie vorliegend von Amts wegen entschieden habe.
Die Auffassung, dass es für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ausreiche, wenn vor dem FamG zu irgendeinem Zeitpunkt mündlich verhandelt worden sei, lasse sich weder mit dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung vereinbaren. Die mündliche Verhandlung solle der Aufarbeitung der Streitfragen möglichst schon in erster Instanz dienen. Sie sei deshalb auch dann erforderlich, wenn nach einer ersten mündlichen Verhandlung weiter schriftsätzlich vorgetragen und der Sachverhalt ermittelt werde. In einem solchen Fall liege ein sog. "gemischt mündlich-schriftliches Verfahren" vor.
Hinweis
Die Entscheidung des OLG Zweibrücken liegt auf der Linie der überwiegenden Auffassung der Oberlandesgerichte (OLG Stuttgart, Beschl. V. 12.11.1980 - 17 WF 354/80 - Justiz 1981, 55; OLG Bamberg, Beschl. V. 21.01.1981 - 2 WF 1/81 - FamRZ 1981, 294; OLG Zweibrücken, Beschl. V. 20.12.1983 - 2 WF 183/83, 2 WF 184/83 - FamRZ 1984, 916; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.02.1989 - 16 WF 209/88 - FamRZ 1989, 521; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.01.1994 - 16 WF 11/94 - FamRZ 1994, 1186; KG Berlin, Beschl. v. 23.10.2007 - 16 WF 234/07 - KGR Berlin 2008, 107).
Nur das Hanseatische OLG hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 1985 in Fällen eines "gemischt mündlich-schriftlichen Verfahrens" des FamG die sofortige Beschwerde nach § 620c S. 1 ZPO für statthaft gehalten (OLG Hamburg in FamRZ 1986, 182).
Es empfiehlt sich grundsätzlich, zunächst einen erneuten Antrag nach § 620b Abs. 2 ZPO zu stellen, um gegen die Entscheidung, die sodann aufgrund weiterer mündlicher Verhandlung ergeht, in zulässiger Weise Beschwerde einlegen zu können.
Link zur Entscheidung
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.01.2008, 5 WF 2/08