Rz. 58
In § 10 Abs. 2 werden für die Familienversicherung von Kindern besondere Altersgrenzen genannt, woraus sich ergibt, dass Kinder auch unabhängig von den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 nicht zeitlich unbegrenzt familienversichert sind. Insoweit ist auch unerheblich, ob die Kinder gegenüber dem Stammversicherten noch über die Altersgrenzen hinaus Unterhaltsansprüche hätten. Diese Altersgrenzen gelten auch für die den Kindern gleichgestellten Stiefkinder, Enkelkinder und Pflegekinder nach § 10 Abs. 4.
2.3.1 Vollendung des 18. Lebensjahres (Nr. 1)
Rz. 59
Kinder sind vom Grundsatz her längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, also bis einen Tag um 24:00 Uhr vor dem 18. Geburtstag, familienversichert. Die Familienversicherung besteht über diesen Zeitraum hinaus nur dann weiter, wenn die besonderen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 vorliegen.
2.3.2 Nicht erwerbstätig: Bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres (Nr. 2)
Rz. 60
Nicht erwerbstätige Kinder scheiden bei Erreichen der Altersgrenze von 23 Jahren aus der Familienversicherung aus. Die Gründe für die Nichterwerbstätigkeit spielen keine Rolle. Bis zum 23. Lebensjahr können auch die Kinder familienversichert sein, die sich nicht in einer Schul- oder Berufsausbildung befinden, sondern auf einen Ausbildungsplatz warten.
Rz. 61
Nicht erwerbstätig sind Kinder nur dann, wenn sie keiner auf Gelderwerb gerichteten Erwerbstätigkeit nachgehen, also nicht selbstständig tätig sind oder keine Beschäftigungen ausüben. Hierbei soll nach überwiegender Meinung auch eine für sich betrachtet geringfügige Beschäftigung nicht als Erwerbstätigkeit anzusehen sein. Da die besondere Altersgrenze jedoch zusätzlich und unabhängig von einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit oder einer eigenen Mitgliedschaft als Ausschlusstatbestand besteht (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 4), hat die Differenzierung zwischen der allgemeinen Altersgrenze des 18. Lebensjahres und dem 23. Lebensjahr im Hinblick auf die sonst eingreifenden Ausschlusstatbestände des § 10 Abs. 1 nur Sinn, wenn man für die Erwerbstätigkeit nicht auf den Umfang oder die Höhe des Einkommens abstellt.
Rz. 62
Die Altersgrenze des 23. Lebensjahres gilt für zuvor nicht erwerbstätige Kinder auch dann, wenn sie zu diesem Zeitpunkt eine gesetzliche Dienstpflicht leisten. Eine § 10 Abs. 2 Nr. 3 oder § 25 Abs. 4 SGB XI vergleichbare Verlängerungsregelung über das 23. Lebensjahr hinaus besteht hier nicht.
2.3.3 Ausbildung: 25. Lebensjahr (Nr. 3)
Rz. 63
Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres können Kinder versichert sein, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden. Hier ist, jedenfalls vom Grundsatz her, die tatsächliche Ausbildung erforderlich, die die Arbeitskraft des Kindes überwiegend in Anspruch nimmt. Eingeschlossen in die Ausbildung sind auch die Zeiten der Schul- oder Semesterferien. Die Ausbildung wird nicht dadurch unterbrochen, dass diese aus nicht zu vertretenden Gründen tatsächlich nicht betrieben wird. Die Ausbildung endet jeweils mit dem Abschluss des Ausbildungsgangs, sei es durch zeitlichen Ablauf oder durch eine Prüfung, deren Dauer noch zur Ausbildungszeit gehört. Kurzzeitige unvermeidbare Unterbrechungen bis zu 3 Monaten zwischen einzelnen Ausbildungsabschnitten sind jedoch unschädlich. Steht jedoch fest, dass der angestrebte nächste Ausbildungsabschnitt nicht begonnen werden kann (z. B. Nichtzulassung zum Studium) liegt keine Berufsausbildung mehr vor und die Familienversicherung endet, sofern das 23. Lebensjahr erreicht ist.
Rz. 64
Schul- und Berufsausbildung setzt voraus, dass es sich um eine organisierte Ausbildung mit einem allgemein anerkannten Ausbildungsziel handelt. Der Erwerb von Kenntnissen, die für eine Berufstätigkeit nützlich sein könnten, außerhalb einer geregelten schulmäßigen Ausbildung auf eine Prüfung vorbereiten (Externen-Prüfung für das Abitur, Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Wirtschaft und Politik – HWP) oder im Belieben stehen (z. B. als Gasthörer einer Uni, vgl. BSG, Urteil v. 22.4.1994, 10 RKg 3/93), sind keine Schulausbildung. Schulausbildung ist primär der Besuch allgemeinbildender Schulen zum Erwerb entsprechender Abschlüsse. Dagegen ist der Besuch von Berufsfachschulen (vgl. BSG, Urteil v. 7.11.1995, 12 RK 38/94), Hochschulen und Universitäten der Berufsausbildung zuzuordnen, da diese auf den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten gerichtet sind, die eine anschließende Berufstätigkeit eröffnen. Schul- und Berufsausbildung lassen sich nicht immer exakt voneinander abgrenzen. Ausgeschlossen ist die Familienversicherung bei einer betrieblichen Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), da diese entgeltlich zu erfolgen hat und unabhängig von der Höhe der Vergütung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 7 Abs. 2 SGB IV führt. Die Rechtsprechung zur Schul- und Berufsausbildung im Rentenrecht und frühere Rechtsprechung zum Kindergeldrecht kann unter Beachtung eventuell vorrangiger Krankenversicherungspflicht bei Berufsaus- und Weiterbildung bzw. beruflicher Umschulung herangezogen werden.
Rz. 65
Auf den Begriff der Schul- und Berufsausbildung nach Kindergeldrecht u...