Rz. 15c
Abs. 1 Satz 5 (die Neufassung des Abs. 1 durch das HHVG, vgl. Rz. 6b, verschob die ursprünglich in Satz 4 enthaltene Regelung in den Satz 5) stellt klar, dass der Versorgungsanspruch auch die zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringenden, notwendigen Leistungen wie die notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen sowie die Ausbildung im Gebrauch des Hilfsmittels umfasst. Die Erforderlichkeit der jeweiligen Maßnahme, insbesondere der Umfang der Wartungsmaßnahme und der technischen Kontrollen, wird nunmehr ausdrücklich am Stand der Technik gemessen. Damit soll den Krankenkassen eine auf das Maß des Notwendigen beschränkte sachgerechte Umsetzung gewährleistet werden (BT-Drs. 16/3100 S. 102). Der Gesetzgeber sah die ergänzende Klarstellung durch die Bezugnahme auf die Vorgaben der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) als notwendig an, weil das BVerwG in seinem Urteil v. 16.12.2003 (3 C 47/02) die Betreibereigenschaft der Krankenkasse verneint hatte und diese somit nicht bereits durch die MPBetreibV zu entsprechenden Maßnahmen verpflichtet war.
Rz. 15d
Die durch das TSVG (Rz. 6d) eingefügten Sätze 6 bis 8 schaffen einen Leistungsanspruch für Versicherte auf Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen. Grundvoraussetzung ist, dass der Versicherte selbst aufgrund seines körperlichen Zustandes oder seiner geistigen Entwicklung nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und er hierfür der Tätigkeit einer dritten Person bedarf. Dies kann nach Satz 7 insbesondere bei Blutentnahmen und Injektionen der Fall sein, wenn der Versicherte auf Hilfe Dritter angewiesen ist. Es kann sich dabei jedoch nur um eine Tätigkeit bei der Anwendung des Hilfsmittels handeln, die der Versicherte grundsätzlich selbständig durchführen können muss. Der Anspruch umfasst somit keine (z. B. ärztlichen oder pflegerischen) Tätigkeiten, die der Versicherte auch ohne Beeinträchtigung seines körperlichen Zustandes und seiner geistigen Entwicklung nicht allein durchführen kann.
Der Sicherheitsmechanismus schützt die pflegende Person vor dem Risiko der Infizierung mit einer Krankheit. Anspruchsberechtigt sind insbesondere Diabetiker, bei denen Pflegekräfte oder Angehörige die Punktion und Messung des Blutzuckerwertes sowie die Injektion des Insulins übernehmen. Die zur Versorgung erforderlichen Hilfsmittel wie beispielsweise Lanzetten, Kanülen und Portnadeln werden dem Versicherten zwar durch den behandelnden Arzt verordnet. Instrumente mit Sicherheitsmechanismus sind i. d. R. aber nicht erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Infolgedessen sind sie nach alter Rechtslage nicht verordnungsfähig. Der Gesetzgeber sah eine unnötige und kostenintensive Doppelversorgung darin, dass Arbeitgeber der Pflegekräfte zum Schutz ihrer Beschäftigten die verordneten Hilfsmittel gegen Instrumente mit Sicherheitsmechanismus austauschen müssen. Ebenso sah er es als nicht zumutbar an, bei der Pflege durch Angehörige und andere private Pflegepersonen die Kosten für die Sicherheitsinstrumente den Pflegebedürftigen oder ihren Pflegepersonen aufzuerlegen, oder das Risiko einer Infektion einzugehen (BT-Drs 19/8351 S. 175).
Der Gemeinsame Bundesausschuss muss nach Satz 8 in einer Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 bis zum 31.1.2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefahr angenommen werden kann, bestimmen. Mit Beschluss vom 22.11.2019 hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine Änderung der Hilfsmittelrichtlinie durch Einfügung eines § 6b vorgelegt. Danach sind Tätigkeiten, bei denen eine Infektionsgefährdung Dritter durch eine Nadelstichverletzung angenommen werden kann, die folgenden:
- Blutentnahme zur Gewinnung von Kapillarblut,
- subkutane Injektionen,
- subkutane Infusionen,
- perkutane Punktion eines Portsystems zur Infusion sowie
- Setzen eines subkutanen Sensors.
Der Beschluss ist noch nicht veröffentlicht worden und somit noch nicht in Kraft.
Rz. 15e
Der durch das GKV-WSG eingefügte Satz 5 (nach der Neufassung durch das HHVG nun Satz 6, nach der Änderung durch das TSVG, vgl. Rz. 6d, nun Satz 9) stellt klar, dass der Versicherte – wie bisher – grundsätzlich gegen entsprechende Aufzahlung über das Maß des Notwendigen hinausgehende Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen wählen kann. Dem entspricht es, dass in derartigen Fällen neben den bei der Beschaffung anfallenden Mehrkosten auch etwaige höhere Folgekosten von den Versicherten zu tragen sind.
Rz. 15f
Notwendige Wartungen und technische Kontrollen von Hilfsmitteln fielen auch schon vor dem 1.4.2007 in die Leistungspflicht der Krankenkassen. Der Anspruch auf Instandsetzung eines Hilfsmittels ist nicht auf zuvor von der Krankenkasse bewilligte Hilfsmittel beschränkt. Das Fehlen einer vertragsärztlichen Verordnung der Instandhaltungsmaßnahmen schließt den Hilfsmittelanspruch grundsätzlich nicht aus, da der Arztvorbehalt nach § 15 Abs. 1 Satz 2 im Hilfsmittelbereich nicht gilt (vgl. u. ...