Rz. 13
Festbeträge für Arzneimittel werden bundesweit vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen festgesetzt (Abs. 3 Satz 1). Welche Bedeutung den rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen (zu ermitteln nach Abs. 1 Satz 5 vom Gemeinsamen Bundesausschuss) beizumessen ist, die der Spitzenverband zur Grundlage der Festbetragsfestsetzung machen soll, ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen.
Rz. 14
Für die inhaltliche Ausgestaltung des Festsetzungsverfahrens enthält Abs. 5 einige allgemeine krankenversicherungsrechtliche Grundsätze und stellt insbesondere das Wirtschaftlichkeitsgebot heraus. Nach Abs. 5 Satz 3 sind die Festbeträge mindestens einmal im Jahr zu überprüfen und darüberhinaus unabhängig davon in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen.
Rz. 15
Durch das GKV-SolG sind die Sätze 2 und 3 in § 35 Abs. 5 neu gefasst worden. Damit wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass die mit der Festbetragsregelung nach § 35 verfolgte Zielsetzung, im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung auf einem möglichst günstigen Preisniveau zu gewährleisten, in den vergangenen Jahren vermeintlich nur teilweise erreicht worden ist. Als Ursache hierfür sieht der Gesetzgeber in erster Linie die nicht hinreichend konkret definierten gesetzlichen Vorgaben zur Höhe der Festbeträge. Das bislang geltende Recht sah den preisgünstigsten Apothekenpreis in der Vergleichsgruppe als Maßstab an. Diese Formulierung wird nunmehr durch eine Vorgabe ersetzt, die eine Festsetzung der Festbeträge im unteren Drittel der Spanne zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Abgabepreis der Vergleichsgruppe vorsieht (BT-Drs. 14, 24 S. 77). Nach der Neuregelung des Abs. 5 Satz 2 soll soweit wie möglich eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sichergestellt werden. Diese Formulierung wird weitreichender Konkretisierung bedürfen. In der jetzigen Form ist sie allenfalls als Programmsatz zu verstehen, aus dem sich mangels Bestimmtheit ein konkreter Anspruch des Versicherten kaum ableiten lassen wird.
Rz. 16
Das BSG hielt § 35 Abs. 3 für verfassungswidrig (Beschlüsse, 3 RK 20/94 u. a. v. 14.6.1995; abweichend LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 14.11.1995, L 5 SKr 19/95). Das BSG hatte in 3 Vorlagen seine Auffassung niedergelegt, dass die einschlägigen Vorschriften nicht mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Die Verfahren betrafen die sog. Festbeträge für Arzneimittel (1 BvL 28/95), für Hörhilfen (1 BvL 29/95) und für Sehhilfen (1 BvL 30/95).
Das BSG war der Auffassung, die Ermächtigung zur Festsetzung von Festbeträgen verstoße gegen die nach dem GG für die Normsetzung geltenden Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Der Gesetzgeber hätte mit Rücksicht auf Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG den Erlass einer Rechtsverordnung vorsehen müssen.
Rz. 17
Dem war entgegenzuhalten, dass die Konkretisierung der Festbetragsregelung durch Richtlinien des seinerzeitigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen und die Festsetzung der Spitzenverbände der Krankenkassen Satzungsrecht vergleichbar und somit den Anforderungen an den Gesetzesvorbehalt Genüge getan ist. Zum einen sind die Richtlinien Bestandteil der Bundesmantelverträge, zum anderen handelt es sich um ein klassisches Instrument der gemeinsamen Selbstverwaltung. Ferner darf die formale Schranke des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nicht abstrakt verstanden werden, sondern ist unter Berücksichtigung des beschränkten Grundrechts auszulegen. Der Gesetzgeber ist um so freier, je mehr die angegriffene Regelung eine Beschränkung der Berufsausübung zur Folge hat, die bereits durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein kann. Hieran kann angesichts des Zwecks der Festbetragsregelung, die Solidarität der Versichertengemeinschaft mit dem Gedanken des Wettbewerbs zu verbinden und durch preisorientierte Nachfrage und preisgünstige Angebote die Ausgaben zu begrenzen, letztlich mithin das Wirtschaftlichkeitsgebot zu konkretisieren, kaum Zweifel bestehen.
Rz. 18
Mit Urteil v. 17.12.2002 (1 Bvl 28/95 u. a.) hat das BVerfG entschieden, dass die Vorschriften über das Verfahren der Festbetragsfestsetzung mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts verstößt die den Spitzenverbänden der Krankenkassen in § 35 SGB V eingeräumte Befugnis, für Arzneimittel Festbeträge festzusetzen, nicht gegen Art. 12, Art. 20 und Art. 80 GG. Das Gleiche gilt für die in § 36 i. V. m. § 35 SGB V den dort genannten Verbänden eingeräumte Berechtigung, für Hilfsmittel Festbeträge zu bestimmen. Verfassungsrecht gebietet nicht, die Festbeträge durch Rechtsverordnung festzusetzen.
Zur Begründung hat das BVerfG unter anderem ausgeführt:
Die Rechtsgrundlagen genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Ermächtigung zur Festsetzung der Festbeträge in Form einer Allgemeinverfügung. Ob sie auch im Übrigen den Anforderungen der Grundrecht...