Leitsatz
Sowohl ein dinglich wirkendes als auch ein lediglich schuldrechtliches Sondernutzungsrecht bedürfen zu ihrer Entstehung einer einstimmigen Vereinbarung aller Sondereigentümer. Daran ändert auch eine Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung nichts, die eine änderung der Gemeinschaftsordnung mit Zweidrittelmehrheit zuläßt. Gegen den Willen des Betroffenen kann für diesen kein Sondernutzungsrecht bestellt werden.
Sachverhalt
Die betreffende Wohnungseigentumsanlage besteht aus mehreren Wohnungen sowie insgesamt fünf Garagen, die im Teileigentum stehen. Der vor den jeweiligen Garagen liegende Vorplatz sowie die Zufahrt stehen im gemeinschaftlichen Eigentum und sind in sanierungsbedürftigem Zustand. In einer Eigentümerversammlung wurde nunmehr beschlossen, die Garagenvorplätze und Zufahrten ausschließlich auf Kosten der fünf Garageneigentümer instandzusetzen.
Aufgrund erfolgreicher gerichtlicher Anfechtung dieses Beschlusses seitens der betroffenen Wohnungseigentümer kam es zu einem weiteren Eigentümerbeschluß, wonach mit 3/4-Mehrheit beschlossen wurde, daß den jeweiligen Garageneigentümern an den vor den Garagen gelegenen Vorplätzen sowie den entsprechenden Zufahrten ein Sondernutzungsrecht eingeräumt würde und diese nach der Teilungserklärung für erforderliche Sanierungsmaßnahmen aufzukommen hätten. Auch dieser Beschluß wurde von den betroffenen Wohnungseigentümern angefochten.
Entscheidung
Und dies ganz zu Recht, denn keinem Wohnungseigentümer kann ein derartiges Sondernutzungsrecht aufgedrängt werden.
Sowohl ein dingliches als auch ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht bedarf zu seiner Entstehung einer vertraglichen Einigung. Für die Begründung dieses Rechts ist also Voraussetzung, daß vertragliche Erklärungen oder ein ausdrücklicher Beschluß das Einverständnis der Betroffenen mit dem zu ihren Gunsten bestellten Recht widerspiegeln.
An diesen Voraussetzungen kann nun aber auch eine entsprechende Gemeinschaftsordnung nichts ändern, in der vorgesehen ist, daß es zu deren änderung einer Zweidrittel-Mehrheit bedarf, eine solche demnach umgekehrt auch ausreichend sein soll.
Grundsätzlich ist anzumerken, daß eine solche Regelung durchaus sinnvoll und rechtlich wirksam sein kann. Grenzen sind hier aber gesetzt, soweit es um den dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums geht. Weiter kann durch eine solche Regelung kein schuldrechtliches Recht neu begründet oder aufgehoben werden, das seiner Natur nach nur aufgrund vertraglicher Gestaltung geschaffen werden kann.
Gegenstand von Mehrheitsentscheidungen aufgrund einer Abänderungsklausel in der Gemeinschaftsordnung können nur einzelne, den äußeren Bereich der Verwaltung des Wohnungseigentums betreffende Regelungen sein. Zwar kann dadurch die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums durch Mehrheitsbeschluß neu definiert werden, nicht möglich ist es jedoch, aufgrund Mehrheitsbeschlusses einzelne Wohnungseigentümer gänzlich vom Nutzungsrecht des Gemeinschaftseigentums auszuschließen. Und dies stellt die Kehrseite der Medaille im Falle der Einräumung eines Sondernutzungsrechts dar: Diejenigen Wohnungseigentümer, die an den betreffenden Flächen des Gemeinschaftseigentums nun kein Sondernutzungsrecht haben, können diese Teile des gemeinschaftlichen Eigentums auch nicht nutzen.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 10.12.1997, 16 Wx 250/97
Fazit:
In diesem Fall nun konnte der angefochtene Beschluß auch nicht dahingehend umgedeutet werden, daß nur eine änderung der Instandhaltungskostentragung beabsichtigt war, da es ausdrücklich um die übertragung des Sondernutzungsrechts ging.