Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 10 WEG, § 15 WEG, § 16 Abs.2 WEG
Kommentar
1.In einer Eigentümerversammlung wurde mit hier in der Gemeinschaftsordnung vereinbarter qualifizierter Mehrheit von 3/4 folgender Beschluss gefasst: "Denjenigen Wohnungseigentümern, denen das Sondereigentum (Teileigentum) an den vorhandenen fünf Garagen zusteht, wird das Sondernutzungsrecht an dem Garagenvorplatz und der Zufahrt von der ...-Straße zu den Garagen eingeräumt, mit der Folge, dass die Eigentümer der fünf Garagen diese Grundstücksflächen allein benutzen und nutzen dürfen und gem. § ... der Teilungserklärung verpflichtet sind, diese Grundstücksfläche instandzusetzen, instandzuhalten und zu reinigen."Während das AG diesen Beschluss für ungültig erklärt und das LG unter Aufhebung der Vorinstanz den Beschluss als rechtswirksam ansah (nach Feststellung durch Beweisaufnahme, dass der Garagenvorplatz und die Zufahrt nur von den Garageneigentümern benutzt werden könnten), führte diese Entscheidung des Senats wieder zur Ungültigkeit des Beschlusses.
2.Sowohl ein nach §§ 10 Abs. 2, 5 Abs. 4 WEG im Grundbuch einzutragendes Sondernutzungsrecht als auch ein solches schuldrechtlicher Art bedarf zu seiner Entstehung vertraglicher Einigung oder - vertragsähnlich-allstimmiger Einverständnis-Beschlussfassung. Eine hier in der Gemeinschaftsordnung für Beschlüsse vorgesehene qualifizierte Änderungsmehrheit ändert an dieser Rechtsfolge nichts. Einer Abänderung durch (qualifizierten) Mehrheitsbeschluss sind nur Regelungen unterworfen, die zum einen nicht den dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums berühren und zum anderen nicht (schuldrechtliche) Rechte neu begründen oder aufheben, die ihrer Natur nach nur aufgrund einvernehmlicher vertraglicher Gestaltung geschaffen werden können. Mehrheitsentscheidungen aufgrund einer Abänderungsklausel in der Gemeinschaftsordnung können nur einzelne, den äußeren Bereich der Verwaltung des Wohnungseigentums betreffende Regelungen sein. Hierunter fallen zwar nach h.M. auch Verteilungsmaßstäbe gem. § 16 WEG. Die Begründung eines ausschließlichen Sondernutzungsrechts an gemeinschaftlichen Grundstücksteilen geht allerdings über eine Verschiebung der Grenzen einer Nutzungsberechtigung hinaus und schafft eine grundlegend neue und daher nur vertraglich (einvernehmlich) mögliche Neuordnung des Gemeinschaftsrechts. Vorliegend war in der Beschlussfassung zwar keine dingliche Rechtsänderung nach Vorstellung der Eigentümer beabsichtigt; es sollte nur ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht begründet werden. Das Grundverhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach h.M. allerdings schon betroffen, wenn es zu einer schuldrechtlich bindenden Änderung der Nutzungsberechtigung an Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums kommen soll (Bärmann/Pick/Merle, § 10 Rn. 63 m.w.N.). In ihren, die Eigentümer untereinander verpflichtenden Wirkungen ist das schuldrechtliche Sondernutzungsrecht nämlich dem dinglichen gleichstehend.
Der angefochtene Beschluss kann auch nicht dahingehend umgedeutet werden, dass nur eine Änderung der Regelung der Instandhaltungskosten beabsichtigt war. Ein solches Umdeutungsergebnis lässt sich auch nicht über objektive Auslegungsgrundsätze von Beschlüssen ableiten. Der Beschluss hatte im vorliegenden Fall ein ausdrücklich übertragenes Sondernutzungsrecht zum Gegenstand. Die beschlossene Kostenfolge war damit nur als erwünschte Wirkung des eigentlichen Beschlussgegenstands, nämlich der Übertragung des Sondernutzungsrechts, anzusehen.
Link zur Entscheidung
( OLG Köln, Beschluss vom 10.12.1997, 16 Wx 250/97= ZMR 6/1998, 373)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Dieses Entscheidungsergebnis erscheint mir nicht überzeugend. In richtiger Auslegung des Beschlusses ging es hier m.E. primär um eine - sicher unstreitig auch beschließbare - Kostenteilungsänderung, also die alleinige Kosten- und Lastentragung hinsichtlich der Instandhaltung und Instandsetzung durch diejenigen Eigentümer, die tatsächlich auch ausschließlich allein diesen Grundstücksteil nutzten bzw. nutzen konnten. Schon aus Billigkeitsgründen erscheint mir ein solcher Beschluss zumindest vertretbar, zumal er auch die hier vorgesehene und ausdrücklich vereinbarte qualifizierte Beschlussmehrheit erhielt. Hier sollte sicher weniger ein irgendwie geartetes Sondernutzungsrecht neu begründet werden, als vielmehr nachträglich Übereinstimmung hinsichtlich der Kosten und Nutzungen hergestellt werden. Selbst ohne hier auf Umdeutungsargumente abstellen zu müssen, wäre m.E. dieser Beschlussinhalt im vorgenannten Sinne auszulegen. Kern des Beschlusses war also sicher nicht die Begründung eines verdinglichten oder schuldrechtlichen Sondernutzungsrechts, so dass auch nicht durch den Beschluss von einem Eingriff in wohlerworbene, dingliche Rechte, mit anderen Worten in den dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums hätte gesprochen werden müssen.
Auch bei Änderungsmöglichkeit einer Gemeinschaftsordnung mit qualifizierter Beschlussmehrheit steht bekanntl...