Problemüberblick
Im Fall klagt ein Wohnungseigentümer gegen eine behauptete Störung des gemeinschaftlichen Eigentums, seines Sondereigentums und eines Stellplatzes, an dem er ein Sondernutzungsrecht hat. Zu klären ist, welche Rechte er jeweils hat.
Störung des Sondereigentums
Stellt ein Wohnungseigentümer eine unzulässige bauliche Veränderung fest, durch die sein Sondereigentum gestört wird, kann er gegen diese Veränderung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG und/oder § 1004 Abs. 1 BGB vorgehen.
Störung des Sondernutzungsrechts
Stellt ein Wohnungseigentümer eine unzulässige bauliche Veränderung fest, durch die ein Raum oder eine Fläche gestört werden, an denen er ein Sondernutzungsrecht hat, kann er gegen diese Veränderung nach § 1004 Abs. 1 BGB vorgehen. Diese Klärung ist der zentrale Inhalt der Entscheidung. Einem Vorgehen müsste eigentlich § 9a Abs. 2 WEG entgegenstehen. Dies lehnt der BGH mit Blick auf den Inhalt der Sondernutzungsrechtsvereinbarung ab.
Störung des gemeinschaftlichen Eigentums
Stellt ein Wohnungseigentümer eine unzulässige bauliche Veränderung fest, durch die das gemeinschaftliche Eigentum gestört wird, kann er 1. gegen diese Veränderung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG und/oder § 1004 Abs. 1 BGB vorgehen, wenn ihn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dazu ermächtigt (Elzer, ZWE 2021, S. 188, 189). Der Verwalter ist dazu nicht befugt. Seine Erklärung namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geht m. E. trotz § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG ins Leere, da Verwalter und Wohnungseigentümer wissen, dass es an einer Willensbildung fehlt.
Ferner kann er sich 2. an den Verwalter wenden und behaupten, dieser sei nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG befugt, ohne eine Beschlussfassung gegen den Störer vorzugehen. Dem ist zuzustimmen, wenn es sich um eine Maßnahme handele, die eine untergeordnete Bedeutung hat und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führt. In der Regel wird es nicht so sein: Die Frage, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen einen Störer vorgeht, ist nicht untergeordnet (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 27 Rn. 65; so wohl auch, aber ambivalenter, Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, 2021, Kap. 9 Rn. 138).
Und der Wohnungseigentümer kann sich 3. an den Verwalter wenden und diesen bitten, das Verlangen auf Beseitigung/Rückbau auf die Tagesordnung einer Versammlung zu setzen oder zum Gegenstand eines Beschlusses außerhalb der Versammlung zu machen (der 2. Weg verdrängt wegen des Quorums des § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG allerdings nur im Fall einer erfolgreichen Beschlussfassung die Versammlung). Kommt der Verwalter dem Verlangen nach, müssen sich die Wohnungseigentümer mit der Beseitigung/dem Rückbau befassen (weigert sich der Verwalter, muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG in einem 1. Schritt verklagt werden, den Gegenstand zum Inhalt einer Versammlung zu machen). Entscheiden sich die Wohnungseigentümer für ein Vorgehen, ist das nach § 19 Abs. 1 WEG zu beschließen. Den Beschluss muss der Verwalter als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausführen.
Schließlich können die Wohnungseigentümer 4. die bauliche Veränderung "legalisieren", diese also genehmigen (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 20 Rn. 50) – ggf. der "Königsweg". Dann muss der Wohnungseigentümer, der sich gestört fühlt, nach § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG gegen den Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG vorgehen – in aller Regel allerdings ohne Erfolg, da es auf eine Nachteiligkeit nicht ankommt und § 20 Abs. 4 WEG sehr weite Grenzen setzt.
Könnten die Wohnungseigentümer 5. auch beschließen, nicht einzuschreiten? Ja, auch das wäre möglich. Die Entscheidung wäre aber wieder anfechtbar und nicht ordnungsmäßig, wenn von der baulichen Veränderung Nachteile ausgehen (das kann man auch anders sehen). Droht der Ablauf der Verjährung und kommt es zu keiner Versammlung, dürfte der Wohnungseigentümer im Übrigen nach § 18 Abs. 3 WEG für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorgehen können.