1 Leitsatz
Die auf die unwirksame Willenserklärung zurückgehende, aber gleichwohl ins Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrechtsvereinbarung wird vom Gutglaubensschutz des § 892 BGB erfasst und kann gutgläubig erworben werden.
2 Normenkette
§§ 10 Abs. 1 Satz 2, 16 Abs. 1 Satz 3
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer beschließen, gegen Wohnungseigentümer B, Eigentümer des Wohnungseigentumsrechts Nr. 9, einen Unterlassungs- sowie einen Grundbuchberichtigungsanspruch in Bezug auf eine im Grundbuch als Sondernutzungsrecht eingetragene und von ihm als Sondernutzungsrecht beanspruchte Gartenfläche, die sich vor der Wohnung befindet und in jede Richtung bis zur Grundstücksgrenze erstreckt, geltend zu machen. Auf diese Klage verurteilt das AG den B, die vom Sondernutzungsrecht umfasste Fläche nicht mehr unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer zu nutzen. Ferner stellt es fest, B stehe kein Sondernutzungsrecht zu und verurteilt B, die Löschung des Sondernutzungsrechts beim Grundbuchamt formgerecht zu beantragen und zu bewilligen. Zur Begründung führt das AG aus, das Sondernutzungsrecht sei mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit nicht wirksam entstanden und von B auch nicht gutgläubig erworben worden. Hiergegen legt B Berufung ein.
4 Die Entscheidung
Die Berufung hat Erfolg! B habe das Sondernutzungsrecht jedenfalls nach §§ 873, 892 BGB gutgläubig erworben. Zwar sei ursprünglich kein Sondernutzungsrecht entstanden, weil ein Verstoß gegen § 7 BeurkG vorliege. Denn nach § 7 Nr. 1 BeurkG sei die Beurkundung einer Willenserklärung unwirksam, wenn diese darauf gerichtet sei, dem Notar einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen. Dass sei hier der Fall, da der beurkundende Notarvertreter als Rechtsvorgänger des B das dem Wohnungseigentumsrecht Nr. 9 zugeordnete Sondernutzungsrecht erweitert habe. B habe das nicht wirksam entstandene, aber dennoch ins Grundbuch eingetragene erweiterte Sondernutzungsrecht indes gutgläubig erworben. Das auf eine unwirksame Willenserklärung zurückgehende, aber gleichwohl ins Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht werde nämlich vom Gutglaubensschutz des § 892 BGB erfasst und könne gutgläubig erworben werden. Ein gutgläubiger Erwerb komme insbesondere dann infrage, wenn das Sondernutzungsrecht zum Beispiel wegen Geschäftsunfähigkeit oder fehlender Zugehörigkeit zur Wohnungseigentümergemeinschaft des Bestellenden materiell nicht entstanden oder sein Inhalt unzutreffend wiedergegeben sei. Ein gutgläubiger Erwerb sei zwar nicht möglich, wenn die Eintragung des Sondernutzungsrechts ins Grundbuch inhaltlich unzulässig oder wenn die Eintragung des Sondernutzungsrechts widersprüchlich und deshalb inhaltlich unzulässig sei. So liege es aber nicht. Durch eine grüne Markierung im Lageplan sei die Fläche eindeutig bestimmt.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall ist zu klären, ob es eine Sondernutzungsrechtsvereinbarung gibt. Das wäre wegen formaler Mängel nur dann der Fall, wenn man eine Sondernutzungsrechtsvereinbarung gutgläubig erwerben kann.
Sondernutzungsrecht: Gutgläubiger Erwerb
Beim Kauf/Erwerb eines Wohnungseigentums geht ein verdinglichtes Sondernutzungsrecht als Inhalt des Sondereigentums auf den neuen Eigentümer des Wohnungseigentums über. Das Sondernutzungsrecht muss im Veräußerungsvertrag nicht ausdrücklich erwähnt werden. Wird ein verdinglichtes Sondernutzungsrecht rechtsgeschäftlich (mit-)erworben, soll es nach herrschender Meinung gutgläubig erworben werden können. Dem schließt sich das LG an. Dies ist indes zweifelhaft, da man eine Vereinbarung nicht gutgläubig erwerben kann.
Sondernutzungsrecht: Bestimmtheit
Die einem Sondernutzungsrecht unterliegenden Räume oder Flächen müssen hinreichend bestimmt sein. Dabei sind Inhalt und Umfang der Regelung durch Auslegung nach den für die Auslegung von Grundbucheintragungen geltenden Grundsätzen zu ermitteln. Ausgangspunkt für die Auslegung ist zunächst der Wortlaut der Grundbucheintragung. Dabei ist nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern der mit der Regelung verfolgte Sinn und Zweck zu berücksichtigen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung samt der in Bezug genommenen Urkunden ergibt, unter Berücksichtigung der Eintragungszeit; Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind.
Prozesskosten
Der klagende Wohnungseigentümer B hatte mit einer Widerklage die Feststellung begehrt, dass ihm bei seinem Obsiegen, der dadurch entstehende Schaden zu ersetzen sei (= in Höhe der anteilig von ihm für K zu tragenden Prozesskosten). Diese Klage hatte keinen Erfolg! Die Frage, ob die Kosten eines Rechtsstreits, den die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer führt und unterliegt, als Kosten der Verwaltung auf alle Wohnungseigentümer umzulegen sind oder ob der beklagte Wohnungseigentümer hiervon auszunehmen ist, ist allerdings umstritten. Dabei geht es zum einen um die Aufbringung der Mittel zur ...